Seiten

Sonntag, 12. Mai 2013

Vom Bosporus ins Neue Schloss Stuttgart: Türkische Klassik

Halil Ibrahim Yüksel (vorn) und seine Musiker aus Stuttgart und von der Ägäischen Universität Izmir
"Harmonie der Kulturen" hieß das Konzert, aber es war ein türkisches Klassik-Programm auf hohem Niveau, das der Stuttgarter Verein für Bildung, Kultur und Musik (BKM) gestern (11.05.2013) ins Neue Schloss brachte. Drei Stunden lang wurde ein historischer Querschnitt durch die klassische Chor- und Instrumentalmusik der Türkei geboten: Vom Morgenlied eines mittelalterlichen Minnesängers über romantische Kunstlieder des 18. und 19. Jahrhunderts über Sufi-Gesänge und traditionelle türkische Pilgerlieder (Illahis) bis hin zu erlesener Neuer Musik in großer Besetzung von hierzulande nahezu unbekannten Komponisten wie Johann Krieger, Resat Aysu, Kemani Sebuh Aga und Ihsan Özer.
Gewöhnungsbedürftig für europäische Ohren war das Wenigste: Meist hatte Yüksel Stücke ausgesucht, die sich auch füruns durch besonderen Wohlklang auszeichnen und die komplizierte türkische Achtelton-Musik nicht ins Extrem treiben. Nein, das war wirklich schöne und nur teilweise für den deutschen Klassikfreund fremdartige Musik (meist dort, wo arabische Einflüsse hörbar wurden). Vor allem die Instrumentierung ist interessant: Zu Celli, Geigen und Klavier kommen in der türkischen Klassik offenbar immer Lauten (darunter die exotisch wirkende Langhals-Laute Oud), eine Rohrflöte, deren herbe Melancholie den Klang antiker Hirtenflöten assoziiert, eine sehr intensive und klangschöne "türkische Geige" und Handtrommeln, deren virtuose Handhabung immer wieder überrascht.
Die Vielfalt dieser Musik in einem baden-württembergischen Barockschloss zu erleben, hatte seinen ganz besonderen Reiz. Der Chor des BKM und der Ägäischen Universität mit Yüksels Instrumentalmusikern nutzen die intensive Probenarbeit  auch für einen Workshop mit Musikstudenten an der PH Ludwigsburg am Montag, dessen Ergebnis sie am Abend in einem gemeinsamen Konzert vorstellen.

Keine Kommentare: