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Samstag, 12. Januar 2013

Das Stuttgarter Schriftstellerhaus: "eine kreative Oase"

Schriftstellerhaus Stuttgart
Am 10. Januar war nach längerer Pause wieder einmal eine "offene Runde" im Stuttgarter Schriftstellerhaus, und ich hatte einige von Euch/Ihnen eingeladen, sich zur Wiederbelebung des Autorenstammtisches einzufinden und zu äußern. Auch neue Gesichter wie Andre Biakowski aus Reutlingen, den Autor des Buches "OBIAD - mehr als nur Mittagessen. Mein Jahr in Polen mit Überlebenden des Holocaust". Andre war dabei und fand, das "Häusle sei "eine Oase mitten in der Stadt". An dieser Stelle mein Dank fürs zahlreiche Erscheinen und kultivierte Diskutieren. Die Zeiten ändern sich, und gewiss auch die Literaturszene. Aber wo ein Übersetzerstammtisch sein Existenzrecht hat, wollten die Stuttgarter Autoren nicht länger hintanstehen, die das Schriftstellerhaus vor 25 Jahren schließlich gegründet haben. Von der alten Garde sind viele abgetreten, aber es gibt neue Gesichter. Und denen wollen wir uns zuwenden, um sie zu interessieren und zu gewinnen. Da herrschte eine schöne Einigkeit.
Das war wirklich ein interessanter Abend, dem hoffentlich noch viele andere folgen. Auch wenn ich es manchmal vorziehe, vielleicht nur mit zwei oder drei Leuten intensiver zu reden als mit der ganzen Runde, die dann ohne Moderator(in) kaum noch auskommt. Die Kernfrage, um die sich der ganze Abend drehte, war: Was kann so ein Jour fixe für Autoren bringen? Die Situation der Schreibenden, so unterschiedlich sie ist, hat ja auch gemeinsame Konstanten. Man will eine Arbeit machen, die künstlerisch und / oder intellektuell anspruchsvoll ist und noch keinen Markt hat oder ihren Markt erst sucht. Und da ist die unmittelbare Reaktion von Leuten, die wissen, wovon man redet, sehr wertvoll. Das gilt auch nach demTod prominenter Stuttgarter Autoren wie Johannes Poethen, Margarethe Hannsmann, Helmut Pfisterer oder Peter O. Chotjewitz oder dem Rückzug einiger Stars der ersten Stunde in andere Projekte oder in den verdienten Ruhestand.
So etwas bieten sonst höchstens teuere Seminare (das neueste lag im "Häusle" als Flyer auf dem Tisch: für 420 €). Das kann sich nicht jeder Autor leisten - und will es möglicherweise auch nicht. Ich schätze da die kürzeren Wege. Und die gibt es nur in diesem Haus, nicht in den Literaturhäusern und Bibliotheken oder anderen Orten für die Literatur, wo immer Veranstaltungen für das allgemeine Publikum im Mittelpunkt stehen. Dafür ist das Stuttgarter "Häusle" zu klein, aber aus dieser Not kann man eine Tugend machen. Viele kreative Anstöße hat das Schriftstellerhaus schon gegeben, gerade weil hier Autoren auch mal unter sich sind - und eben nicht bloß kommen, "um ihr Viertele zu schlotzen" (für mich eine ziemlich bösartige Unterstellung). Die Liste der Publikationen, Konzepte, Lesungen, Veranstaltungen und Projekte, die hier ausgeheckt wurden, ist ziemlich lang - bisher länger als die des Literaturhauses.
Sicher, wir müssen alle erst mal selbst arbeiten und schreiben. Wir sind nicht in der Hauptsache Publikum, sondern Urheber. Die brauchen auch mal ihre Ruhe und ihre Rückzugsräume. Die brauchen nicht permanent Anregungen und Anstöße von Außen, weil die bei Literaten eher von innen kommen, aus der eigenen Beobachtung der Welt. Aber Autoren brauchen eben auch manchmal eine sehr eigene Art von Geselligkeit.
Je mehr sich Stuttgarter Autorinnen und Autoren im "Häusle" engagieren, und sei es nur als Besucher von kreativ anregenden "Stammtischen" und internen Gesprächsrunden oder auch als private Gastgeber für interessante Stipendiaten und Besuchsgäste des Schriftstellerhauses, desto eher wird offensichtlich, woran Stadträte und Mainstream-Anhänger lange Zeit gezweifelt haben: Es ist wichtig, die Stuttgarter Autoren mindestens genauso einzubeziehen wie "Big Names" - auch bei der Planung honorierter Veranstaltungen. Denn erstens wissen wir, dass fast alle Big Names - auch Kollegen wie Fred Beinersdörfer, Hans Josef Ortheil oder José F.A. Oliver, einmal klein angefangen haben und hier ein- und aus gingen. Und zweitens heißt das Haus "Stuttgarter Schriftstellerhaus"; da versteht sich das eigentlich von selbst. Sonst sind vielleicht jene, die man heute verächtlich behandelt, die Prominenz von morgen  - wäre nicht das erste Mal.

Dienstag, 1. Januar 2013

Olga Scheps: eine Klavier-Offenbarung

Silvesterabend 2012: Die aus Russland stammende deutsche Pianistin Olga Scheps (wie man sieht, eine zauberhafte junge Dame) spielte Tschaikowski, zusammen mit den Stuttgarter Philharmonikern und der Dirigentin Kristiina Poska (Estland). Es war wie ein Traum. Die junge Dame (26) hat wirklich den russischen Blues und gilt zu Recht schon als eine der Großen. 
Manchmal denke ich, jeder zweite Star der klassischen Musik in Deutschland - Solisten und Dirigenten - ist inzwischen Balte oder Russe. So gesehen, gibt uns Russland trotzdem, was Putin verweigert: Achtung vor den großen kulturellen Leistungen dieses Volkes. Von Anna Netrebko, Elina Garanca und Wladimir Kaminer bis zu Olga Scheps oder der Dirigentin Kristiina Poska, von Russendisco bis zu den schönen stillen (aber sehr witzigen) Erzählungen und Romanen eines Vladimier Vertlib. Kennt Ihr nicht? Sollte Ihr nachholen! Auf dem Programm des Abends standen das Klavierkonzert Nr. 1 b-Moll, die Fantasieouvererüre von "Romeo und Julia" und Auszüge aus der Balettmusik "Dornröschen. Ich wusste gar nicht, dass weite Teile davon solche Krawallmusik mit irren Fortissimo-Passagen der Blechbäser und der Pauken sind. Ich kannte zugegebenermaßen biser nur die Ouvertüre und den wunderbaren Walzer daraus. Auch in den gefühlvollen Zugaben war die Scheps eine Offenbarung am Klavier.
Danach: Daheim lecker Schrimpscocktail essen (ein Glass dazu trinken) und Pfötchenhalten mit unseren zwei Katzen. Die haben sich an Silvester früher immer schrecklich gefürchtet. In der neuen Wohnung schauen sie sich tatsächlich wie schon voriges Jahr das Feuerwerk an und finden die vielen bunten Vögelchen echt spannend. Nur Böller mögen sie immer noch nicht. Besser kann man nicht ins neue Jahr kommen!