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Mittwoch, 1. Mai 2013

Spielte wie im Rausch: Khatia Buniatishvili in Stuttgart

Khatia Buniatishvili in Stuttgart
Da hatte sogar der Musikkritiker der Stuttgarter Zeitung Mühe, den richtigen Ton für seine Lobeshymne zu finden. Frank Armbruster wählte Ausdrücke wie "berauschende Intensität", "schier unfassbar" und "bravourös", um die Steigerung zu beschreiben, die das Publikum bei diesem Klavierabend erlebte und die auch ihn ergriff. Darf man ja wohl mal sagen. Khatia Buniatishvili spielte am 28. April in der Stuttgarter Liederhalle: wirklich ein unvergesslicher Sonntag Abend.
Chopin ist schon etwas anderes als Liszt, Strawinsky oder gar Prokofjew, da ist schon melancholisches Gefühl gefragt, Zartheit vielleicht gar, auf jeden Fall weniger Wucht und mehr Sanftheit. Und in der ersten Hälfte spielte Khatia Buniatishvili Chopin: die Klaviersonate Nr. 2 b-Moll, die 4. Ballade und die Polonaise A-Dur des französischen Polen. Zurückgenommen hat sich die junge Georgierin nicht dabei, aber durch kluge Zusammenstellung des Programms in der Tat ein Crescendo aufgebaut, das man guten Gewissens unglaublich nennen darf. Fast schüchtern trat sie auf und reagiert fast wie fassungslos auf den rauschenden Beifall des Publikums, der zum Ende in stürmische Ovationen überging.
Dieses Konzert war wie Sex mit dem Flügel vor 1000 Leuten: totale Hingabe, rasende Leidenschaft, kreative Lust; ein langsames, aufmerksam tastendes, darum nicht weniger intensives Vorspiel, und dann ein hemmungsloser Höhepunkt nach dem anderen. Schon bei der Chopin-Polonaise ging das so. Und wenn sich nach der Pause jemand gefragt haben sollte, ob man solche Höhenflüge wiederholen oder gar übertrumpfen könnte, gab es eine klare Antwort. Die Zuhörer bemerkten schon bei den Liszt-Bearbeitungen der drei Schubert-Lieder "Ständchen", "Gretchen am Spinnrade" und "Erlkönig", wie sich inniger Gefühlsausdruck zu atemlose Leidenschaft steigerte. Sie dankten der Künstlerin mit wachsender Begeisterung. Drei Sätze aus Strawinskys "Petruschka" waren dann wie ein Fest des musikalischen Temperaments und der Sinnenfreude, vergleichbar höchstens noch einem furiosen Solo im Free Jazz: hinreißend.
Selbst die Zugaben waren ein aufmerksames Echo auf die Blumensträuße, die Kathia Buniatishvili erhielt: ein Satz aus der Bach-Kantate BWV 208, der 3. Satz aus der 7. Klaviersonate Prokofkews und zum Abschied ein selbst arrangiertes georgies Wiegenlied. Schade, dass sie gleich weiter musste zum nächsten Termin und deswegen keine Signierstunde mehr möglich war. Dieser Klavierabend hat sich den Stuttgarterns ins Gedächtnis gebrannt.

1 Kommentar:

mozart2006 hat gesagt…

http://mozart2006.wordpress.com/2013/05/03/khatia-buniatishvili-a-stuttgart/#more-2469

Ich stimme 100% zu. Meine Rezension