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Sonntag, 13. Mai 2012

Auftakt nach Maß



Foto: Reiner Pfisterer

Eröffnung der Ludwigsburger Schlossfestspiele, das war auch schon mal ein Drahtseilakt, nicht aber am Abend des 12. Mai, da war sie war ein voller Erfolg. Die einzelnen Teile passten perfekt zueinander und ließen Spannung und Vorfreude auf den weiteren Verlauf des Festivals aufkommen.Das Festspielorchester unter Leitung des Österreichers Christian Muthspiel begann mit einer poetischen Interpretation von Erik Saties "Gymnopédes" in der Orchesterbearbeitung von Claude Debussy. Feinfühlig, melancholisch und doch ausdrucksstark.
Dann sollte die Rede von Stéphane Hessel folgen, der wegen Erkrankung jedoch nur ein kurzes Grußwort hielt, das Intendant Thomas Wördehoff zwei Tage zuvor in Paris aufgenommen hatte: berührend, anrührend und auch beflügelnd in seiner Kürze und menschlichen Wärme. Vor allem das Versprechen des 94 jährigen, nächstes Jahr zu kommen, brachte spontanen Applaus.
Der Trompeter Ron Miles, Dieter Ilg am Kontrabass und Patrice Héral am Schlagzeug ließen sich durch eine Bearbeitung des Concierto de Aranjuez von Joaquín Rodrigo inspirieren. Gil Evans hat diese Bearbeitung dem Startromperer Miles Davis gewidmet, der mit der Trompetenstimme den Raum für Improvisation brauchte. Und diesen Raum nutzte Ron Miles auf kongeniale Weise. Dass die sanfte spanische Gitarre sich überhaupt in die Sprache der Blechbläser übersetzen  lasst, ist fast ein Wunder. Mitglieder des Festivalorchesters spielten bei diesem Stück die Rolle eines perfekten Chores im musikalischen Dialog mit den drei Solisten. Dieter Ilg fügte sich mit seinem Kontrabass wunderbar dezent und harmonisch ein. Der Franzose Héral streichelte seine Becken und Trommel mehr mit den Besen, als sie mit den Schlagfstöcken trommelnd durch die komplizierten  Rhythmuswechsel zu jagen: unerhört aufmerksam und sensibel, unerhört vielseitig.
Den furiosen Abschluss machte die Symphonie fantastique von Hector Berlioz. Das romantische Meisterwerk für großes Orchester entwickelte sich unter Muthspiels einfühlsamem Dirigat zu einer Kette von Steigerungen mit dem  Tutti "Traum eines Hexensabbatts" in maximaler Lautstärke. Spielfreude in Reinkultur und technische Perfektion waren da zu erleben. Das Publikum lohnte es mit lang anhaltendem Beifall und vielen Bervorufen.

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