|
Kent Nagano gibt Autogramme in Stuttgart |
Am 19. Juli hat Kent Nagano das SWR Symphonieorchester in der Liederhalle Stuttgart geleitet. Auf dem Programm standen das Klavierkonzert op. 42 von Arnold Schönberg und die Sinfonie Nr. 6 A-Dur von Anton Bruckner ein ziemlicher Spagat. Schönbergs unterkühltes Klavierkonzert gehört zu jenen "Schattengewächsen" der Musik, die unbestritten Meisterwerke ihrer Art sind, aber niemals die Wertschätzung und Popularität erreichen wie vergleichbare. Es ist rhythmisch stark strukturiert und glänzt virtus durch die Solistin Mari Kodama, die mit dem Lächeln einer Sphinx spielte und nach 22 Minuten für den Applaus dankte. Doch Feuer war in dieser Darbietung kaum zu erkennen. Irgendwie hätte diese Musik auch in Jabbas Räuberhöhle in STAR WARS gepasst. Selbst wenn Nagano für die Pianistin, die seine Frau ist, das Orchester wieder zu Höchstleistungen anspornte: es geschah mit feiner Gestik und sehr gentlemen-like, nur eben unterkühlt wie die Musik selbst, bei der eine elegante Zwölfton-Oberstimme der rechten Hand eine bedeutende Rolle spielt. Nun, ich mag lieber Musik, bei der ich hören kann, wenn der Solist patzt. Bei Schönberg hörte es sich manchmal so an und war doch vermutlich Absicht - aber eine Absicht, die ich eben nicht durchschaue.
Bei Bruckners 6. Sinfonie nach der Pause hätte ich Fehler erkannt, doch es gab keine. Das Maestoso des ersten Satzes, das feierliche Adagio des zweiten, das langsame Scherzo des dritten und das bewegte Finale des vierten Satzes waren virtuos und technisch brilliant anzuhören. Der US-Amerikaner japanischer Herkunft (geboren 1951) ist ein Gentleman am Dirigentenpult, der mit feinen Handbewegungen und ausdrucksvoller, sanfter Mimik das Orchester leitet, ohne mehr als gelegentliche Gefühlsregungen erkennen zu lassen. Der gefühlsbetonende Bruckner kam hier recht papieren daher. Obgleich der Stardirigent als Leiter der Berliner Philharmoniker, der Bayerischen Staatsoper und der Hamburgischen Staatsober samt Staatsorchester (seit 2015) der deutschen Musikwelt seit Jahrzehnten aufs engste und sehr erfolgreich verbunden ist, interpretierte er diesmal Bruckner fast wie zuvor Schönberg. Ausgerechnet den emotionalen Tornado Bruckner. Vielleicht war die Zusammenstellung des Programms schuld an so viel Nüchternheit. Schön war´s trotzdem.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen