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Montag, 3. Juni 2019

Valer Sabadus - ein Countertenor der Extraklasse

Valer Sabadus (Foto Christine Schneider)
Am 2. Juni sang Countertenor Valer Sabadus bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen barocke Arien von Antonio Caldara (1670 - 1736), Niccolo Jomelli (1714- 1774), Christoph Willibald Gluck (1714 - 1787), Carl Heinrich Graun (1704 - 1771) und Friedrich Händel (1685 - 1759). Der junge Rumäne aus Arad mit einer Ausbildung in München und einer Ausnahmestimme für extreme Höhenlagen war seit seinem Debüt in Salzburg in weltweit gefragter Star. Außerdem spricht er augezeichnet Deutsch. Traumhaft sicher die Intonation auch bei den schwierigsten Coloraturen, glockenhell und rein die Kopfstimme, präzise in Phrasierung und Textverständlichkeit, ausdrucksstark in Dramaturgie und Interpretation: Das ist Sabadus, und er war schon 2014 zu hören in Ludwigsburg, wo auch seine großen historischen Vorbilder Engagements hatten. Sicher, das Fach Barockoper ist bisher eher speziell, aber was Valer Sabadus und das Orchester der Akademie für Alte Musik Berlin daraus machen, kommt dem Vorbild der Höfe in London, Wien oder Ludwigsburg vermutlich sehr nah - im betont rhythmischen Vortrag und mit dem flotten Grundtempo.
Der Ordenssaal ist auch atmosphärisch einzigartig

Das Atmosphärische unterstreicht und betont der Saal des Ludwigsburger Residezschlosses, in dem einst Herzöge und Könige ihre Orden zur Schau stellten und Feste feierten. Denn die Akustik ist hervorragend, das Ambiente autenthisch. So z.B. macht die Hitze im Sommer das Haus ohne Klimaanlage zur Sauna, aber zu einer originellen. Schon die Mischung aus Kopfsteinpflaster und grobem Kies auf dem Schlossplatz verhindert bei den Damen meistens den Einsatz von High Heels (und sorgt für Amüsement, wo sie nicht auf hohe Absätze verzichten). Auf dem Programm stand eine kluge Auswahl an Arien und Instrumentalstücken, die London vor 250 Jahren als "fetzig" empfunden hätte.

Als der junge Gluck nach London kam, wo der ältere Händel 30 Jahre lang wegen des schnöden Mammons hängen blieb, warnte der Ältere den Jüngeren vor einem Publikum, das nur Gassenhauer wolle. In der Tat gingen die Leute damals in die Oper und ins Konzert, um sich zu amüsieren, und das geschah keineswegs leise und diskret. Flotte Rhythmen und Tempi kamen besser an als gefühliger Schmalz und Seelstriptease, den Textkenner trotzdem fast immer fanden. Weit entfernt von der andächtigen Stille heutiger Konzertsäle ging es derb und deftig zu - manchmal mit Prostituierten, immer jedoch mit Picknicks und Trinkgelagen in der Logen, Unsäglichen Wolken aus billigen Parfüms und Pfeifenqualm bei Amateuren im Publikum, die ebenso laut und begeistert wie falsch mitsangen oder bei Missfallen auch gefürchteten Zwischenfrufen. Ganz so, barock enthemmt nämlich, grölten denn auch einige ihre begeisterten Bravo-Rufe überlaut in den Saal, nur mit weniger schönen Stimmen. Sabadus auf dem Podium lächelte, dankte dezent, bezog das phänomenale Orchester ohne arrogentes Gehabe in seinen Dank ein und sang als Zugabe eine besonders melodische, leise, verinnerlichte Arie von Vivaldi.


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