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Freitag, 5. Juli 2013

Preisregen in Glurns, der zweiten Heimat des PEN-Clubs Liechtenstein

Johanna Tinzl, Stefan Flunger und Kulturbürgermeister Alois Frank
Am 29. Juni. dem Geburtstag des bekannten Karikaturisten und weniger bekannten Autors Paul Flora, ging in seiner Heimatstadt Glurns ein wahrer Preisregen nieder auf Künstler und sozial engagierte junge Leute. Der PEN Club Liechtenstein, dessen Präsident der Tiroler lange Zeit war und den er regelmäßig einlud, die Frühjahrssitzung in Glurns abzuhalten, hat seine Bindung an die kleinste Stadt des Alpenraums erneuert. Das geschah durch den Beschluss, diese Frühjahrssitzungen weiterhin in Glurns abzuhalten und das Kulturleben von Glurns nachhaltig zu bereichern. Sichtbar wird diese enge Beziehung z.B. durch die Neu-Schaffung eines Paul-Flora-Preises, der gemeinsam von Nord- und Südtirol gestiftet wurde. Flora selbst hatte noch diesen Preis für Tiroler Künstler gestiftet, die in seinem Sinn politisch wach und sozial engagiert diesseits und jenseits des Brenners wirken. Im Rathaus von Glurns - dem Geburtshaus Paul Floras, erhielten den Paul-Flora-Preis 2013 die Videokünstler Johanna Tinzl und Stefan Flunger.
Kulturbürgermeister Alois Frank (im Bild rechts) hatte die Kulturlandesrätinnen Dr. Sabina Kaslatter Mur (Bozen) und Dr. Beate Palfrader (Innsbruck) dafür gewinnen können, den mit 10 000 € dotierten Preis in der Stadt Paul Floras zu verleihen. Das kulturell interessierte Pulikum kam nicht nur aus Glurns, sondern z.T. von weit her, um dem Festakt beizuwohnen. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung von dem Gitarristen Hubert Dorigatti und dem Kontrabassisten Klaus Telfser. Die Laudatio hielt Paul Floras Tochter Katharina Flora Seywald, die auch in der Jury mitgewirkt hatte. Die Gastgeberstadt Glurns stellte nicht nur die schön restaurierten Räumlichkeiten zur Verfügung, sondern lud auch zu einem guten Vinschgauer Imbiss ein und richtete im Erdgeschoss des Rathauses eine Ausstellung mit Fotos aus den Videos der Preisträger ein.

Antje Landshoff-Ellermann vom PEN-Club Liechtenstein mit NUDOS-Netzwerkern
Der Nachmittag gehörte der Jugend. Zum letzten Mal wurde der Peter-Surava-Preis verliehen, den der PEN-Club Liechtenstein 1998 zur Erinnerung an das Gründungsmitglied des Clubs eingerichtet hatte. Der Schweizer Peter Hirsch alias Ernst Steiger hat sich zeitlebens unbeugsam gegen Rassismus, soziales Unrecht und die politische Diskriminierung von Außenseitern und Minderheiten eingesetzt - auch als Publizist in der WOCHE gegen den Naziterror in seiner Heimat. Dafür machte ihm nach Kriegsende in der Schweiz das politische Establishment  das Leben extrem schwer. Bisherige Preisträger sind das Writers in Prison Committee in London, Rupert Neudeck vom Komitee Cap Anamur, die unerschrockene Publiziszin Siba Shakip und der Feldkircher Arzt Martin Dünser. Dann gab es wegen Geldmangel eine Pause. 2012 beschloss der PEN-Club, den Preis zum 100. Geburtstag von Peter Surava, der 1995 gestorben war, noch ein letztes Mal zu verleihen.
Nutznießer der mit 15 000 CHF dotierten Auszeichnung ist das soziale Netzwerk NUDOS aus Liechtenstein, dessen junge Aktivisten in einer groß angelegten Spendenaktion das Ausbildungs- und Koordinationszentrum "La Casita" (spanisch: das Häuschen) im argentinischen Mar del Plata bauen und ein Kinderheim in Bolivien einrichten konnten. Stellvertretend für ihre zahlreichen Mitstreiter nahmen Luis Hilti, Martina Walser und Sara Bagladi den Preis aus den Händen der Liechtensteiner PEN-Präsidenten Antja Landshoff-Ellermann entgegen. Bei NUDOS (spanisch: Knoten) läuft fast alles ehrenamtlich und fast ausschließlich übers Internet: Einmal im Monat tagt der Vorstand, hinzu kommen aber zahlreiche Skype-Konferenzen sowie viele Treffen und ein reger Austausch mit dem Personal vor Ort und anderen Organisationen, mit denen der Verein zusammenarbeitet.
Die überwiegende Zahl der Mitarbeiter ist ehrenamtlich tätig. Fast alle Vorstandsmitglieder haben als Praktikanten in lateinamerikanischen Kinderheimen gearbeitet; Geschäftsführerin Laura Hilti, die bei NUDOS eine 20-Prozent-Stelle hat, tat dies vor der Vereinsgründung anderthalb Jahre lang. Persönliche Kontakte sind eine wichtige Grundlage der Arbeit, aber die Routine erleichtert das Internet: die Spesenrechung für das Jahr 2012 z.B. weist nur 24 EURO und einige Cent auf. Für Menschen, die so arbeiten, ist das Preisgeld nach den Worten von Vereinspräsident Luis Hilti eine "unschätzbare organisatorische Reserve" bei Notfällen, für Schulungen, Verwaltungsmittel oder die Reparatur eines PC.
Als Schüler haben sie angefangen, als veritable NGO standen die Macher von NUDOS nun auf der Bühne. Da ist das Erbe von Peter Surava wirklich in die Hände junger Leute übergegangen. Andrea Kühlbacher-Schlapp würdigte in ihrer Laudatio auf NUDOS nicht nur das kluge soziale Engagement junger Leute, sondern gab auch einen Abriss der Entstehungsgeschichte des Vereins. Seit 2004 geht es ihm darum, Kulturen miteinander zu verbinden und Netzwerke zu knüpfen, die den Begriff der Globalisierung positiv besetzen.
Die Idee dahinter ist so simpel wie durchschlagend: Praktikanten können ihr soziales Jahr oder ein soziales Praktikum in einem der Projekte machen, bezahlen die Reise selbst und erhalten vor Ort kostenlos Unterkunft und Verpflegung. Dabei wird nicht bloß einfach Entwicklungshilfe geleistet. Erfahrungen dieser Art sind von unbschätzbarem Wert und durch nichts zu ersetzen. Sie lassen aber auch das Netzwerk NUDOS ständig wachsen. In der "Casita" werden vor allem Kurse organisiert. Mit Hilfe eines regionalen Radiosenders veranstalten die jungen Leute Konzerte und sammeln mit dem Erlös Lebensmittel, die in Armenvierteln verteilt oder als fertiges "Essen auf Rädern" abgeholt werden.

Dadurch soll der interkulturelle Austausch von Jugendlichen und jungen Erwachsenen gefördert werden. Der Transfer von Wissen, Fähigkeiten, Bildung und Ausbildung steht dabei ganz obenan, immer mit dem Ziel, die Lebensbedingungen von Menschen zu verbessern, die traditionell als benachteiligt gelten. Im Zentrum "La Casita" in Mar del Plata werden Jugendliche zu Kursleitern oder Sozialarbeitern ausgebildet. Dazu kommen in Kooperation mit örtlichen Einrichtungen Projekte wie die Prävention ungewollter Schwangerschaften, die Betreuung junger Eltern, der Aufbau eines Kinderheimes in Bolivien oder die Arbeit mit Jugendlichen in Slums, mit Behinderten und vieles mehr. Netzwerke wie NUDOS machen die Welt auch mit wenig Geld zu einem besseren Ort.
Gewinnen Sie selbst einen Eindruck von den Zielen und Aktivitäten des Vereins unter www.nudos.li.
























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