Seiten

Freitag, 3. Oktober 2025

Günter Guben ist tot: Ein großer Kulturmensch hat uns verlassen

Schon am 21. September ist mein alter Freund und Kollege Günter Guben in Ulm gestorben. Zuldetzt sah ich ihn bei einem Treffen ehemaliger SWR-Kulturmenschen im schwäbischen Traditionslokal "Klösterle" in Bad Cannstatt, das muss im Frühjahr gewesen sein. Der Umzug von Esslingen zu seiner Lebensgefährtin in Ulm war noch nicht lange her und hatte ihn arg mitgenommen. Aber dort hatte er nicht nur die Liebe, sondern auch eine schöne Wohnung ganz nah am Münsterplatz und ein helles, geräumiges Atelier, und das jahrelange Pendeln war vorbei. Wir hatten schon gedacht, wir würden ihn nie wieder im "Klösterle" sehen, zumal der Stuttgarter Hauptbahnhof in einem ähnlich prekären Zustand war wie seine Gesundheit. Doch ab und zu tauchte er trotzdem wieder in unserem Stammlokal auf, zuletzt mit Rollator und auf einen Fahrer zum Bahnhof für die Heimfahrt angewiesen, aber immer fröhlich, witzig, freundlich und mit Hut. Den nahm er auch in geschlossenen Räumen nie ab. Ich habe sehr viel mit ihm erlebt. Bei etlichen meiner Features bei SWR2 führte er kompetent und einfühlsam Regie. Mit ihm als Vorsitzenden hat das Stuttgarter Schriftstellerhaus seine besten Jahre erlebt. Er fehlt.

Er hatte auch Schrullen, und die betrafen ausgerechnet die Kommuniktion. Günter hatte bis zum vorigen Sommer kein Mobiltelefon, und Jahrzehnte lang hat er sich (letzten Endes vergeblich) geweigert, mit einem Computer oder gar mit E-Mails zu arbeiten. Er hat das nicht aus einer Fundamentalopposition gegen den technischen Fortschritt heraus getan, sondern aus Skepsis den Folgen gegenüber, die all diese Technik für uns und unsere Abeitswelt hat, die Lebenszeit, die sie frisst, die sozialen Verwerfungen. Ein Rezept dagegen hatte auch er nicht. Er liebte es einfach direkt, von Mensch zu Mensch. Im Sender konnte er das mit PC und E-Mail noch delegieren. Vor etwa einem Jahr gab er auch den Widerstand gegen ein Mobiltelefon auf, um in Notfällen erreichbar zu sein. Gemocht hat er es nie. Und seine Nummer gab er nur wenigen. Dafür waren seine Briefe legendär: jeder ein künstlerisch gestaltetes Unikat in Handschrift.

Günter war der Einzige, der mich 2017 nach meiner Lungenoperation während der Reha in Bad Dürrheim besuchte, da chauffierte ihn seine liebe Freundin Heidrun Clement aus Ulm. Wir aßen Schwarzwälder Kirschtorte und spazierten in der Märzsonne durch den Kurpark. Er war ein guter Freund, ein sehr guter. Sogar meine Frau hat ihn gemocht, und die war immer sehr kritisch und zurückhaltend bei der Zuteilung ihrer Sympathie. Ach, ich bin traurig und weiß nicht, wo anfangen und aufhören, über ihn zu schreiben. Gut, dass ein anderer einen angemessenen, schönen und würdigen Nachruf über ihn geschrieben hat, mein Kollege Michael Seehoff.

https://blog.lerchenflug.de/guenter-guben-ein-nachruf/


 

 

Keine Kommentare: