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Sonntag, 21. Januar 2024

Musikalische Farbenspiele: Bach Schönberg und Bruckner beim SWR Symphonikeorchester

Martin Honeck beim Schlussapplaus
 
Manfred Honeck (geboren 1958 im österreichischen Nenzing), ist in Stuttgart kein Unbekannter. Der gelernte Bratschist begann seine Dirigenten-Karriere 1989 als Assistent von Claudio Abbado in Wien, war von 2007 bis 2011 Generalmusikdirektor der Stuttgarter Oper und ist heute Chefdirigent in Pittsburgh. Dieser Mann, der beim Schlussapplaus zwischen den "langen Kerls" mit den Geigen eher klein wirkt, gehört in der klassischen Musik zu den Großen. Am 18. und 19. Januar dirigierte er in der Liederhalle Stuttgart ein großartiges Abonnement-Konzert mit dem SWR Symphonieorchester.

Den Anfang machte Johann Sebastian Bachs Präludium und Fuge für Orgel BWV 552 in einer Bearbeitung von Arnold Schönberg für großes Orchester und die Sinfonie Nr. 7 E-Dur von Anton Bruckner. Schönbergs Bach-Bearbeitung zeigt nicht nur, wie gut Schönberg auch Wohlklang konnte und die rhythmischen Stärken bei Bach unterstrich. Das 17-Minuten-Stück ist zudem eine eindrucksolle Studie der Instrumentierung, bei der jedes Motiv Bachs durch die verschiedenen Instrumentengruppen wandert und dabei immer neue Klangfarben erzeugt. Die melodisch singende, immer wieder Motive der Volksmusik (etwa Alphörner) aufgreifende siebte Sinfonie Bruckners ist ein Meisterwerk der dynamischen Entwicklung zu monumentalen Crescendi von großer dramatischer Wucht. Hier hört man gut die Herkunft und Nähe des Kirchenorganisten Bruckner zum sakralen Pathos. Er war wie sein evangelischer Kollege Bach triefgläubig und zog gern auch als Symphoniker "alle Register", was mit einem Klangkörper aus über 100 Musikern dramaturgisch gut umsetzbar ist. Das Orchester erwies sich einmal mehr als ebenso routinuert wie souverän - aber durchaus nicht in dickköpfiger Verweigerung des Dirigentenwillens, sondern mit technischer Brillanz, Disziplin und Empathie für die harmoniesüchtige Spätromantik.

Leider saß die "Kritikerin" der Stuttgarter Zeitung auf ihren Ohren und erfand "unpräzise Einsätze", nannte den Paukeneinsatz bei Bach "als Haudrauf-Geräusch interpretiert" und fand bei rund 70 Minuten Bruckner, es "begann schon bald zu langweilen". Man kennt das inzwischen sattsam. Das Blatt hat ein Ideologie-Problem mit dem Öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Konkurrenz und versucht sich immer wieder in stellvertretenden Hinrichtungen von Weltklasse-Dirigenten. Die kesse Dame behauptete, Honeck habe das Orchester "von seinen Vorstellungen einfach nicht überzeugen" oder "seine Absichten nicht vermitteln" können. Das ausgesprochen fachkundige Publikum war jedenfalls anderer Meinung. Es reagierte begeistert, es gab sehr lang anhaltenden Applaus, Bravo-Rufe und Standing Ovations.

 

 

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