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Mittwoch, 27. April 2022

Ein neuer Thriller-Star bei Suhrkamp: Candice Fox

Aus dem australischen Englisch von Andrea O´Brien. Es hat eine Weile gedauert, wie immer. Aber nun ist nachlesbar, dass es bei Suhrkamp eine sehr lesenswerte neue Autorin in der Reihe "Thriller" gibt, in der auch preiswerte Taschenbücher erscheinen: Candice Fox, angeblich aus "einer eher exzentrischen Familie", ist zum Start ihres Debüts in Deutschlands Nobelverlag gleich zwei Mal vertreten: Mit "Dark", 395 Seiten, 11 €, schon im vergangenen Dezember erschienen, und mit "606", 400 Seiten, 16,95 €, schon im November 2021 erschienen. Aber all die dicken Schinken kosten eben auch den Rezensenen Zeit (der vorerst dickste auf meinem Tisch, soviel schon vorab, kommt  mit über 800 Seiten von Nino Haratischwili aus Georgien). Aber eins nach dem anderen:

"Dark" erzählt die spannende Geschichte einer unfreiwilligen Frauen-Gang, die in Los Angeles ein entführtes Mädchen sucht und einen kriminell-Korrupten Cop zur Stecke bringt, der alle Ermittlungen zu torpedieren versucht und dabei auch vor Mord nicht zurückschreckt. Eine verurteilte und frisch aus der Haft entlassene Mörderin, eine talentierte Diebin, eine skrupellose Gangsterin frustrierte Ermittlerin, die von einigen männlichen Kollegen gemobbt wird, sind schon eine interessante Zusammensetzung für so ein Team. Schon die verurteilten ehemaligen Staftäterinnen stehen ja ständig mit einem Bein wieder im Knast, denn sie dürfen ja in den USA untereinanander keine Kontakte haben. Das allein birgt eine Menge gefährlicher Situationen. Man sucht ja Verbündete, wenn es Probleme gibt. Und die zweite Problemzone, die korrupte Cops prima ausnutzen können, die mal einen Prozess manipuliert und Unschuldige ins Gefängnis gebracht haben: Wie soll man einen Prozess neu aufrollen, wenn man kein Geld für teure Anwälte hat, keine Akteneinsicht bekommt und bei der Polizei niemanden fragen darf, weil man nicht weiß, wo die Lügner und die U-Boote sitzen? Die Handlung in Kürze: Die Tochter der Diebin ist verschwunden. Diese Diebin bittet mangels Alternativen ihre frühere Zellengenossin, die wegen Mordes gesessen hat und Ärztin ist, um Hilfe. In ihrer Not wenden sich die beiden an die Polizistin Jessica Sanchez, die ein 7-Millionen-Dollar-Haus geerbt hat und deshalb ver den Kollegen verhaßt ist. Da die Spur der Vermissten ins kriminelle Milieu führt, stößt auch die brutale Bandenchefin Ada zu der schrägen Truppe, obwohl sie wohl eher 7 Millionen Dollar riecht. In der Todeszelle sitzt derweil ein Bankräuber und Mörder, der die Fäden zieht. Fazit: ein echter "Pageturner", ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und habe jede Nacht das Licht zu spät ausgemacht.

"606" halte ich eher für einen blöden Titel, aber er hat es in sich. Da geht es um einen perfide inszenierten Massenausbruch aus einem Hochsicherhzeitsgefängnis mitten in der Wüste von Nevada. 606 der gefährlichsten Verbrecher er USA schwärmen in alle Himmelsrichtungen aus. Mörder, Psychopathen, Wahnsinnige und andere Gewalttäter und verbreiten Chaos, Angst und Schrecken in Las Vegas und den umliegenden Städten. Zumal es einigen der Schlimmsten gelingt, auf einem abgelegenenen Privatflugplatz eine Cessna zu entführen. John Cradle nämlich hat einen Flugschein, sitzt seit Jahren und will nach Hause, um seine Unschuld zu beweisen. Leider ist er aber auch die spezielle Zielscheibe einer Fahnderin, die als Aufseherin im Todestrakt sehr persönliche Gründe hat, ihn zu hassen - und sie weiß offenbar genau, wo er hinwill. Nicht genug damit: der irrsinnige Triebtäter, als der "Würger" bekannt ist und über eine sanfte Stimme sowie Bärenkräfte verfügt, lässt ihn nicht aus den Augen und bedroht ihn zusätzlich. Uff! Zuerst dachte ich wirklich, ein Blöder Romantitel und ein gigantomanischer Plot (warum gleich 606 Ausbrecher, hätte es nicht auch eine Nummer kleiner getan?) sind einfach nicht der Rede wert. Aber das Spannungspotenzial in diesem Buch ist so riesig, dass es mich magisch hineinzog. Das haben Sie jetzt davon. Ich wünsche aufrichtig gute Unterhaltung, obwohl wir uns nach der Pandemie und dem Ukraine-Krieg wahrlich andere Ablenkung vorstellen können. Spannend schreiben, das kann diese Candice Fox jedenfalls. Und das ohne einen einzigen Komma, Sprach- oder Tippfehler (nicht mal aus dem Konflikt zwischen Genetiv und Dativ): Ich bin als alter Tippfehler-Junkie beeindruckt!



 

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