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Montag, 6. September 2010

Ein offener Brief zu Stuttgart

Bundesverkehrsminister Ramsauer lässt wegen weiter steigender Kosten bei der ICE-Trasse Stuttgart-Ulm, die zum Projekt "Stuttgart 21" mit dem tiefer gelegten neuen Durchgangsbahnhof anstelle des jetzigen Kopfbahnhofes gehört, mit dem Land Baden-Württemberg wegen einer höheren finanziellen Beteiligung verhandeln. Denn die Bahn hat kein Geld und der Minister auch nicht. Deshalb habe ich ihm geschrieben:


Sehr geehrter Herr Minister Ramsauer,

Sie haben diesen Unsinn ja nicht mit verschuldet, aber mit den Neuverhandlungen über die Finanzierung der Bahntrasse Ulm-Wendlingen bereits ein wichtiges Zeichen für Vernunft gesetzt. Deshalb bitte ich Sie: Wirken Sie auf Bahnchef Grube, den Stuttgafrter OB Schuster und Ministerpräsident Mappus ein, damit das wirtschaftlich mehr als riskante und verkehrspolitisch höchst zweifelhafte "Infrastruktur"-Projekt Stuttgart 21 zugunsten einer seriösen Modernisierung des Kopfbahnhofes beendet wird.

Gebetsmühlenartig wiederholen die Befürworter von "Stuttgart 21", das Projekt sei nun einmal durch sämtliche demokratischen Gremien wie Gemeinderat, Landtag und Bundestag beschlossen worden und "unumkehrbar". Als Christ habe ich aber gelernt, das erstens Lügen kurze Beine haben und es zweitens nie zu spät für eine Umkehr und die Abkehr von einem Irrtum ist. Schließlich schadet es unserer repräsentativen Demokratie enorm, wenn das System missbraucht wird, um Abstimmungen herbeizuführen, bevor die dafür erforderlichen Informationen und Fakten auf dem Tisch liegen.

Im Gegenteil: Die Projektbefürworter haben systematisch die Bevölkerung und ihre gewählten Repräsentanten auf allen Ebenen getäuscht, Gutachten unterschlagen, Kosten unseriös schöngerechnet, Risiken verharmlost und warnende Fachleute wie den Architekten Frei Otto diffamiert. Von Wortbrüchen sowie unnötigen Umweltschäden, Lärmbelästigungen, Belastungen im Pendlerverkehr oder gar Denkmalschutz ganz zu schweigen: Das Projekt ist in Zeiten knapper Kassen und drastischer Zwänge zum Abbau der Staatsverschuldung einfach zu teuer.

Wer zahlt, hat das Sagen: In diesem Sinne und als Steuerzahler bitte ich Sie, der Verschwendung von Steuermitteln für ein nutzloses Prestigeprojekt zu beenden.

Mit freundlichen Grüßen,

Widmar Puhl

Autor und Redakteur bei SWR2.

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