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Sonntag, 5. September 2010

Aufstand der Demokraten in Stuttgart

Sorry, liebe Freunde,
ich war beschäftigt.In Stuttgart und Umgebung sind seit Monaten viele kreative Kräfte durch den Widerstand gegen ein Wahnsinnsprojekt gebunden, das sich "Stuttgart 21" nennt. Der historische Hauptbahnhof (über dessen Wert als Baudenkmal sich streiten lässt, der aber Identität stiftet), soll teilweise abgerissen werden, um Platz für einen tiefer gelegten neuen Hauptbahnhof, der quer zum heutigen Schienenverlauf läge.

Kosten, Sicherheit, verkehrstechnischer Nutzen, Denkmalschutz und Naturschutz sind höchst umstritten und alles andere als klar, weil seit 15 Jahren mit falschen Zahlen, unvollständigen Untersuchungen und Reklame Abstimmungen und Gerichtsverfahren manipuliert wurden, um das Projekt durchzusetzen. Seit Monaten kommen immer wieder neue Probleme an den Tag, die von den Befürwortern unter den Teppich gekehrt wurden. Jetzt hat die Bevölkerung das Vertrauen in die Politik verloren: 67 Prozent der Stuttgarter und 51 Prozent der Einwohner Baden-Württembergs lehnen das Projekt nach einer neuen Forsa-Umfrage ab.

Trotzdem versucht die Bahn mit dem Teilabriss des Bahnhofs vollendete Tatsachen zu schaffen, während OB Schuster auf Reisen ist. Damit soll Macht demonstriert werden und unerschüttlerliches Vertrauen in eine Kette von trickreichen Versuchen, einen Bürgerentscheid mit "juristischen" Begründungen zu verhindern und sich auf längst überholte Abstimmungen in demokratischden Gremien zu berufen. Immer mehr Abgeordnete melden sich zu Wort und erklären, dass sie für Stuttgart 21 gestimmt haben, dies mit ihrem heutigen Wissen nicht mehr tun würden.

Die Bevölkerung geht auf die Barrikaden, und langsam zeigen die fast täglichen Proteste Wirkung. Ministerpräsident Stefan Mappus und Bahnchef Rüdiger Grube bieten Gespräche am runden Tisch an - angeblich voraussetzungslos, wollen aber während der Gespräche nicht einmal den Abriss aussetzen, geschweige denn einem vorläufigen Baustopp zustimmen. Solange sie derart unbelehrbar sind, wird der Aufstand der Demokraten in Stuttgart weiter anwachsen.
Familien mit Kindern, Pfarrer, Lehrer, grauhaarige Charakterköpfe oder Bürohengste mit Schlips und Jackett sind wohl kaum der "Mob", den OB Schuster in Stuttgart am Werk sieht. Hier steht die Vernunft auf gegen den politischen Größenwahn, stellen sich mündige Bürger entschlossen gegen eine Handvoll Spekulanten und intriganter Möchtegern-Berlusconis. Die friedlichen Demonstranten sind in diesem Fall die besseren Demokraten und Patrioten. Dem Oberbürgermeister sind die Bürger abhanden gekommen.

Übrigens: Einzelhändler haben beklagt, die Demos würden ihnen die Kundschaft vertreiben; was würden die wohl sagen, wenn die ganze Innenstadt 20 Jahre wegen Europas größter Monsterbaustelle blockiert würde?

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