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Samstag, 21. April 2018

Ein Datenschutzbericht der anderen Art

Liebe Freunde, am 25. Mai tritt eine Datenschutzverordnung der EU in Kraft, deren konkrete Auswirkungen auf die "kleinen Leute" ich schon im Vorfeld an einem konkreten Beispiel erfahren durfte. Ich will es Euch nicht vorenthalten, weil es zeigt, dass man Gesetze handwerklich extrem schlecht machen kann. Ich wollte Mitglieder meines Gewerkschafts-Ortsverbandes des VS bei ver.di zu einem Autorenstammtisch einladen und wurde freundlich gebeten, eine "Verpflichtungserklärung auf das Datengeheimnis nach § 5 BDSG für ehrenamtliche Funktionäre" zu unterschreiben, zuvor aber 5 Seiten voller Paragraphen, Strafandrohungen und juristischen Fachbegriffen zu studieren, damit ich auch ja weiß, wass ich da unterschreibe. Und dann konnte es losgehen. Das Ergebnis in einer kurzen Zusammenfassung:

Liebe Gewerkschaftssekretärin XY,

vielen Dank! Es ist alles gut angekommen und wird vorschriftsmäßig behandelt. Es hat eine Weile gedauert, denn ich musste die zuvor von mir studierte und unterzeichnete, danach von Dir mit unterschriebene Kopie der Verpflichtungserklärung für ehrenamtliche Funktionäre abheften, mich zunächst bei ver.di online registrieren, mich bei Cryptoshare schlau machen und dort den verschlüsselten Download mit dem separat erhaltenen Passwort erst hinkriegen & schlussendlich entschlüsseln. Wenn man das nicht dauernd macht, ist es halt so. Nun darf ich die Telefonnummern, die ich brauche, um die Kolleginnen und Kollgen aus meiner Stadt zu einem Autorenstammtisch einzuladen, noch einzeln aus dem Telefonbuch zusammensuchen - um festzustellen, dass, wie statistisch üblich, 10 % nicht mehr aktuell sind und weitere 10 % nicht im Telefonbuch stehen. Von Emailadressen gar nicht zu reden... Wir stünden ja alle mit einem Bein im Knast, wenn jede private Email-Gruppenliste ungesetzlich würde und wir über WhatsApp eine Laufgruppe organisieren, die öfters Ort und Zeit der Treffs wechselt, damit der Verfassugsschutz nicht mitläuft. Man weiß ja nie.
Dafür könnt Ihr alle nichts. Aber genau deshalb hatte ich mit meinem Kommentar auf die Email meiner VS-Landesvorsitzenden schon Recht: Eine Brüsseler Datenschutz-Vorschrift, die Facebook, Amazon, Google oder große Organisationen meint, trifft so auch die interne Kommunikation von Gewerkschaften, Kirchen, Vereinen, Hochschulen, Schulen und mittelständischen Unternehmen bis hin zum Handwerker. Mein Sportverein läuft deswegen gerade Amok. Die Verwaltung weigert sich, der Lungensport-Gruppe die früher üblichen Mitgliederlisten mit Telefonnummern auszudrucken, damit die untereinander und mit den Übungsleitern kommunizieren können. Jetzt kriegt halt keiner mehr mit, wenn das Training ausfällt, weil die Übungsleiterin mit Grippe flach liegt. Ein Arztbrief vom Hausarzt an den Facharzt ist von Strafe bedroht, wenn da eine Telefonnummer drin steht. Meine Chorleiterin hat Schwierigkeiten, ihre Choristen zum Chor-Probenwochenende vor einem Konzert einzuladen. Das ist prima Stoff für Kabarettisten und bombt jede moderne Kommunikation in die Steinzeit zurück. Bis sich die Aufregung legt und Brüssel erklärt, wer alles mit diesem Schwachsinn nicht gemeint ist...
Ich wünsche Euch noch ein schönes Frühlungswochenende ohne Humorverlust!

Mit kollegialen Grüßen,

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