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Mittwoch, 9. August 2017

Bernstein-Lyrik als Buch? - Nein, danke!

F.W. Bernstein: Frische Gedichte. Verlag Antje Kunstmann, München, 208 S., 18 €

Der Verlag Antje Kunstmann hat generell meine größte Hochachtung für seine Publikationen. Hier aber hat er ins Klo gegriffen. Das Zitat aus der Süddeutschen Zeitung auf der Bauchbinde sollte jedem potenziellen Leser eine Warnung sein: "F. W. Bernsteins Werk vermittelt den Eindruck grenzenloser Munterkeit". Ich würde eher von Albernheit reden. Ach was war die gereimte Komik von Leuten wie Hanns-Hermann Kersten noch originell und technisch sauber! Hier aber schreibt ein Karikaturist, der besser zeichnet als dichtet. Für Zeitschriften wie Pardon und Titanic ist das ok, aber ein dickes, in Leinen gebundenes Buch mit dem Autorennamen in Gold? Bäh. Mag ich nicht. Beispiel gefällig?
Unter dem Titel "Mein Programm" heißt es gleich eingangs:
Ihr sucht
Verse von schnatternder Wucht?
Ihr findet sie hier:
Alle von mir.
Ach ja? Was ist denn, bitteschön, eine schnatternde Wucht? Ich habe das Quaken einer Ente als Klingelton auf dem Handy - laut und durchsetzungfähig, aber eine Wucht? Und so geht das die ganze Zeit durch Kraut und Rüben. Verzeihung, die Kapitel lauten "Drinnen und draußen", "Das Tier und wir", Vom Dichten, Sport und Mord" oder "Die letzten Dinge", "Historisches und Politisches", "Kunst, Kulinarik und Musik". Kommen noch "Huldigungen und Gelegenheitsgedichte", Sachen "Zu Zeichnungen von Chlodwig Poth" und zuletzt "Kleinkram und lyrische Störfälle". So hätte man die ganze Sammlung nennen sollen: beliebig, unernst, blödelnd ohne jeden Tiefgang, weder witzig noch wirklich poetisch. Kalauer statt Witz:
Nein!
Reim kann bleim.
Weg mit dem Bedeutungsschmutz!
Ich zähl die Wörterchen und putz
die Lichter des Gedichts.
Sonst wird das nichts.
Frei nach dem Motto "Reim dich oder ich fress dich" geht er da dem "Wörterschmutz" an den Kragen und lässt den Reim gnädig "bleim". Au weia, vielen Dank auch! Und das ganz ohne Karikaturen, die sonst die kahlen Zeilen belebten: ein "poetisches und witziges Spätwerk" wie des Kaisers neue Kleider: Nackt, traurig. Sorry: nichts für Lyrikfreunde, schon eher für die Lektüre beim Friseur so nebenher. Unreife mit Professorentitel halt. "Gala" in Reimchen für Heimchen.



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