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Sonntag, 30. Oktober 2016

Großartig: Zwei Russen beim SWR Symphonieorchester

Alexei Volodin
Zwei großertige Russen dominierten das zweite Abonnementkonzert des soeben neu justierten SWR Symphonie Orchesters am 28. Oktober in  der Stuttgarter Liederhalle.
Der Pianist soll einmal zuerst genannt sein: Alexei Volodin (geboren 1977 in Leningrad) als Pianist der Extraklasse kam mit Igor Strawinsky´s Capricchio für Klavier und Orchester als Parodie von Carl Maria von Weber ebenso zurecht wie mit dem Original, dem nachfolgenden Konzertstück für Klavier und Orchester f-Moll. Das hatte zwar nur für extralange Ohren einen Wiedererkennungswert, stellt aber doch eine virtuose Herausforderung dar. Das gilt eher noch mehr für Paul Hindemiths Sinfonische Metamorphosen nach Themen von Carl Maria von Weber für das Orchester am Beginn des Konzerts. Wie Weber noh 150 Jahre nach seinem Tod russische Komponisten zu Versteckspielchen mit seiner Musik anregte - schon erstaunlich. Aber am besten kam die Virtuosität im Saal wohl bei Weber selbst zur Geltung. Volodin bedankte sich für den begeisterten Applaus mit zwei Zugaben: Das Scherzo op. 12 Nr. 10 von Prokofjew und die Prelude op.31 Nr.23 von Rachmaninow. Beide zeigten nicht nur seine phantasische Fingerfertigkeit, einen brillanten Anschlag und ein enormes Einfühlungsvermögen, sondern auch eine Liebe zur melodiösen Musikalität, die Leute wie Hindemith oder Strawnsky nicht teilen.
All das mit einem großem Orchester unter einen Hut zu bringen, war die schwierige Aufgabe des Moskauer Gastdirigenten Dima Slobodeniouk. Feinfühlig, klasklar mit dem Taktstock, sensibel und aufmerksam, war er ein echter Rossebändiger. Das Orchester ließ er keine Millisekunde aus den Augen, hatte erkennbar kommunikativ geprobt und empfahl sich ohne viel Schnick und Schnack auch als denkbarer Dauerpartner. Da saß jeder Einsatz und stimmte jede Klangfarbe. Am besten brachte er die orchestralen Möglichkeiten des aus zwei traditionellen Rundfunkorchestern neu geformtem Klangkörpers nach der Pause bei der Ballettmusik "Petruschka" von Igor Strawinsky zur Geltung. Schade nur, dass nicht jedem einleuchtet, was eine Ballettmusik ohne Ballett soll.
Unterm Strich: Da entsteht langsam so etwas wie ein neues Orchester. Es hat noch keine Linie und noch keine wirkliche Identität. Aber die ist schwer auf Befehl zu erzeugen. Dafür wächst etwas, das auf hohem Niveau neugierig macht. Dennoch ist zu hoffen, dass nicht die ganze erste Spielzeit zum anstrengenden Workshop für überwiegend Neue Musik wird. Das Publikum möchte auch ganz gern mal einfach bloß zuhören und genießen, statt auf musik-motivische Schnitzeljagd geschickt zu werden.
Dirigent Dima Slobodeniouk (stehend hinterm Pult) und das SWR Symphonie Orchester






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