Voriges
Jahr begann beim Musikfest Stuttgart das spannende interreligiöse
Musikprojekt TRIMUM unter der Leitung von Bernhard König bei der
Bachakademie Stuttgart. Damals stellten Schülerchöre und professionelle Ensembles mit großem Erfolg geistliche Musik aus Judentum, Christentum und Islam vor. Seit heute findet das Projekt seine Fortsetzung mit einem Chorlabor, das im weiteren Sinne religiöse Musik aus Christentum,
Islam und Judentum in einem einzigen Klangkörper zusammenbringt. Was ich da bis jetzt hören konnte,
klingt nach mehr. Auch wenn es bedeutet, dass sich z. B. deutsche Sängerinnen und Sänger in die ihnen unbekannte türkische Musik und Sprache hineinfinden müssen - und umgekehrt: Bernhard König und der türkische Dirigent Halil Ibrahim Yüksel
können für den Anfang sehr zufrieden sein. 70 Sängerinnen und Sänger haben sich angemeldet, um mitzumachen - rund doppelt so viele, wie sie für einen Chor brauchen, sagte Projektleiter König. Und praktisch alle singen vom Blatt.
Die Internationale Bachakademie Stuttgart unterstützt das im Vorjahr gestartete Dreijahresprojekt TRIMUM weiter. Sie macht auch keine theologischen Vorgaben, wie man bei einer Einrichtung hätte denken können, die aus der württembergischen evangelischen Landeskirche hervorgegangen ist. Die fachlichen Voraussetzungen scheinen gut zu sein; die erste Chroprobe mit einem siebenstimmigen (!) Kanon nach I. Korinther 13,1 und dem Hohen Lied 8,6 von Bernhard König klang binnen kürzester Zeit schon erstaunlich reif.
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Kreative Mittagspause mit Halil Ibrahim Yüksel |
Selbst in der Mittagspause fanden sich in jeder Ecke kleine Grüppchen zum interessierten Austausch. Nach der Mittagspause wurde es anstrengend für die deutschen Teilnehmer des Chorlabors. Der eigens eingeflogene Dirigent Halil Ibrahim Yüksel stellte bei den für europäische Ohren fremdartigen Viertelton- und Halbtonsequenzen der klassischen türkischen Pilgerlieder (Ilahis) sein pädagogisches und sein sängerisches Können unter Beweis. In kleinen Arbeitsgruppen unterstützten ihn anwesende Mitglieder des BKM Stuttgart durch Übungen der Aussprache, und dann ging´s los: Vorsingen und Nachsingen, immer wieder, Zeile für Zeile, erst wackelig und schließlich doch schon recht wacker. Als Ausbeute für einen ersten Tag des Kennenlernens und gemeinsamen Ausprobierens ist was wahrhaftig nicht schlecht. Außerdem gab´s am Rande immer wieder gut verträgliche Informations-Häppchen über die Unterschiede zwischen türkischer und deutscher Musiktheorie und Notationsweisen. Man wird sich einleben im Fremden, auch wenn zu Anfang einige Skeptiker meinten "Das können wir nicht lernen". Die meisten konnten, und zwar schon nach wenigen Stunden.
Eine große Hilfe waren die Begleitung durch Yüksel an der alten türkischen Kurzhalslaute Oud und die Unterstützung des studierten Bassbaritons Ahmet Gül mit Gesang und Übersetzungen. Gül gründete inzwischen ein semiprofessionelles
Ensemble, das sich am 23.02.in den Räumen der Bachakademie Stuttgart
vorstellen wird. Da die Akteure aus ganz Deutschland kommen, weitet sich
dieser Ansatz mit einem größeren Wirkungskreis deutlich aus. Eine
wichtige Plattform zur Förderung dieses musikalischen Ansatzes ist auch
der Stuttgarter Verein Bildung, Kultur und Musik (BKM), dessen
Vorsitzende Ayshe Gül-Aydin sich ebenfalls stark beim TRIMUM-Projekt
engagiert und diese Arbeit auch über das geplante Dreijahresprojekt
hinaus forsetzen möchte. Die Einschätzung aller Dozenten: Mit Sängern, die so konzentriert, engagiert und ausdauernd proben, lässt sich bestimmt noch viel erreichen. Ob und wie aus diesem Workshop auch Konzerte beim Musikfest Stuttgart im kommenden August/September hervorgehen werden, ließen König und Yüksel aber noch offen: "Wir wollen auch Spielraum für Experimente haben". Frühestens im Sommer soll es ein Repertoire geben.
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