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Sonntag, 16. Dezember 2012

Was man über König Juan Carlos von Spanien wissen sollte

SWR2 Zeitwort 22.11.1975: Juan Carlos von Spanien wird König

Am 22. November 1975 wurde Juan Carlos als König von Spanien proklamiert – nur zwei Tage nach dem Tod des Diktators Francisco Franco. Genau der schaut dem König aber bis heute über die Schulter, obwohl der König als überzeugter Demokrat gilt und 1981 einen Militärputsch beendet hat.

 

[Zitat-Quellen: WIKIPEDIA und mein Interview mit dem Autor Rafael Chirbes über seine Romane „Der Fall von Madrid“ und „Alte Freunde“]

Autor:
Der spanische Diktator Francisco Franco sah schon 1947 die Wiedereinführung der Monarchie vor, um seine Nachfol­ge zu sichern. Thronfolger wäre damals Juan de Borbón ge­wesen, der Vater von Juan Carlos, aber der hatte schon im Exil von Franco die Restauration der spanischen Monarchie gefordert und galt als dessen Konkurrent. Im August 1948 einigte er sich mit dem Diktator: sein ältester Sohn Juan Carlos sollte als Francos Nachfolger ausgebildet und nach dessen Tod König werden.
Der zehnjährige Juan Carlos kam 1952 nach Spanien und besuchte nach dem Abitur fünf Jahre lang die Militärakademien von Heer, Marine und Luftwaffe – nicht gerade die Laufbahn eines Bürgerrechtlers. 1956 hatte der Kadett Juan Carlos Osterferien und sein jüngerer Bruder Alfonso starb durch einen Unfall beim Reinigen einer Schusswaffe. Die gerichtliche Untersuchung, die der ältere Bruder seines Va­ters forderte, fand nicht statt. Auch wurde nie geklärt, wer den Schuss ausgelöst hatte, und der Vater versenkte die Waffe persönlich im Meer.
Juan Carlos war der Ältere und der offizielle Thronffolger. Ein Motiv für Brudermord gab es also nicht. Aber rechtsstaatliche juristische Normen galten offenbar in der Familie nicht. Dieses rückwärtsgewandte Denken gibt den oberen Zehntausend bis heute das Gefühl, niemandem Rechenschaft schuldig zu sein. Das lässt unnötig viel Raum für Spekulationen und spaltet Spanien bis heute. Der Schriftsteller Rafael Chirbes schreibt ständig über dieses Phänomen.

O-Ton Rafael Chirbes 01 – 0´29 (cuando me ...mi mismo)
Wenn ich mich frage: Und du, Chirbes, was machst du in der Welt? – Dann schaue ich direkt auf die Franco-Zeit und auf mein persönliches Leben. Vielleicht ist in Diktaturen die Politik gegenwärtiger als sonst. In meinem Leben war das so, denn die Franco-Diktatur hat sich mehr in mein Privatle­ben eingemischt als eine Demokratie es getan hätte. Also sagt alle Welt: Sie schreiben über die Franco-Diktatur. Nein: Ich schreibe über mich selbst.

Autor:
Juan Carlos studierte nach der Militärzeit zwei Jahre lang Verfassungsrecht, Internationales Recht und Wirtschaftswissenschaften. Schon zwei Tage nach Francos Tod, am 22. November 1975, wurde er zum König ausgerufen. In seiner Thronrede verkündete er „eine freie, offene und moderne Gesellschaft“, ohne schon das Wort „Demokratie“ zu benutzen. Er ist gewiss ein ehrlicher Demokrat, aber zugleich geprägt von Befehl und Gehorsam, dem geistigen Erbe Francos im orthodox katholischen Teil der spanischen Gesellschaft. Vor allem seit er 1981 den Militärputsch been­dete, gilt er als Retter der Demokratie. In seiner Fernsehan­sprache am 23. Februar sagte er:


O-Ton Juan Carlos – 0´32 ...En las circunstancias...
Wenn ich mich unter den außergewöhnlichen Umständen, die wir im Augenblick erleben, an alle Spanier wende, so will ich mich kurz fassen. Die Krone, Symbol der Beständigkeit und Einheit des Vaterlandes, kann unter keinen Umständen zulassen, dass gewisse Personen durch ihre Handlungen mit Gewalt die den demokratischen Prozess unterbrechen, der in der Verfassung verankert ist und für den sich das spanische Volk in einem Referendum ausgesprochen hat.

Autor:
Als König ist Juan Carlos Oberbefehlshaber der Streitkräfte und rief erst mal ungehorsame Generäle zurück. Er war vielleicht mehr als Vorgesetzter empört und erst dann als Schutzherr der Verfasssung. Nicht umsonst hatten ihn die Verschwörer zunächst an die Spitze des Putsches setzen wollen. Ein König ist per se kein Demokrat, und dieser ist wirklich eine Figur des Übergangs: ein politischer, doch auch ein weltanschaulicher Erbe der Diktatur, ein Macho und Großwildjäger, der gern zu viel Geld ausgibt. Aber er ist auf seine Weise wenigstens ehrlich, ein Verfassungspatriot und kein Fanatiker. Noch einmal Rafael Chirbes:

O-Ton Rafael Chirbes 02 –0´23 (votamos ...se atienen)
Wir wählen alle vier Jahre und wissen, dass Sozialdemokra­ten wie Christdemokraten die gleiche Wirtschaftspolitik ma­chen werden. Bestenfalls kleiden die einen sie in verständli­chere Worte. Sozialdemokraten pflegen das alles auf eine Art zu sagen, die sich weniger schlimm anhört. Aber umso größer ist der Betrug. Bei den anderen weiß man wenigs­tens, woran man ist.

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