Joshua Weierstein und Pianist Behzod Abduraimov |
Dass Zwölftonmusik dermaßen rund und schön klingen kann, dieses zu zeigen war sicher auch ein Verdienst des großartigen Orchesters. Das dreisätzige Streichtrio beginnt mit einem synkopisch federenden Haupttherma, das zwischen alten Kirchentonarten und freier Atonalität hin und her schwingt. Der langsame Mittelsatz bildet mit melancholischen Variationen über ein mährisches Volkslied einen gefühlsintensiven Mittelpunkt. Einen turbulenten Abschluss voller asymmetrischer schneller Taktwechsel bildet dann das Finale in einem unfassbar optimistischen Tonfall, wenn man bedenkt, dass sein Tod unmittelbar bevorstand. Die Schwester Kleins, die das KZ überlebte, konnte seine Chormusik, eine Klaviersonate und einen Liederzyklus mit dem Streichtrio für die Nachwelt retten.
Mit dem ersten Klavierkonzert hatte Ludwig van Beethoven in Wien als Komponist, aber vor allem als Klaviervirtuose bewiesen, dass er als Nachfolger von Mozart keineswegs in zu große Fußstapfen trat. Die besonderen Schwierigkeiten gerade in der Geschwindigkeit meisterte in Stuttgart der Solist Behzod Abduraimov kraftvoll, sensibel und mit technischer Perfektion. Auch den Namen dieses erst 33 Jahre alten Virtuosen aus Taschkent in Usbekistan sollte man sich merken. Er hat als "Wunderkind" begonnen, gewann mit 19 die London International Piano Competition und tritt seitdem mit renommierten Orchestern in der ganzen Welt auf. Vor allem im markanten Finalsatz des ersten Klavierkonzertes von Beethoven konnte er seine Stärken voll ausspielen. Zusammen mit Weilerstein zeigte er: Beethoven ist überall auf der Welt zu Hause, und in seiner Musik verstehen sich Musiker aller Herren Länder.
Der Gastdirigent Joshua Weilerstein absolvierte mit enormer Präsenz (und ohne Noten!) den Ritt auf dem Tiger der vierten Beethoven-Symphonie ohne Fehl und Tadel. Die Vierte hatte es mit ihrer Gelöstheit, dem hellen, spielerischen B-Dur schon immer schwer zwischen der Dritten und der Fünften. Für Publikum und Kritik zu Beethovens Zeit schien sie nicht zu einem Weltbild zu passen, das Pathos und programmatischen Tiefgang verlangte. Da ist ein Ohr für Zwischentöne verlangt. Und Weilerstein reißt das erfahrene, brillant aufspielende Orchester auch mittels seiner Cheerleader-Qualitäten souverän mit durch die vielen dialektischen Gegensätze dieses Werkes. Der Lohn war lang anhaltender Applaus mit reichlich Bravos: ein runder, beglückender Konzertabend!
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