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Montag, 16. Januar 2012

Als Kultursponsor die Hände in Unschuld waschen?

Stolz wendet sich heute die Pressestelle des Mannheimer Nationaltheaters an die Presse mit der Einladung zu einer Pressekonferenz am 19. Januar: Bilfinger Berger wird Hauptsponsor für die geplante Film-Dokumentation des Neuen "Mannheimer Rings" durch den Regisseur Rudij Bergmann.


Bilfinger Berger, so viel zur Erinnerung, ist ein Bau- und Logistikunternmehmen, das durch ständige Fusionen und Beteiligungen auch mit deutschen Unternehmen Tausende von Arbeitslosen und Milliardengewinne auf dem Konto haben dürfte. Der Jahresumsatz 2010 betrug über acht Milliarden Euro.

Im Februar 2010, nach dem Einsturz des Kölner Stadtrarchivs, wurde der Verdacht auf Betrug durch Mitarbeiter von Bilfinger Berger beim Bau der Nord-Süd-Stadtbahn in Köln laut. Bis heute ernmittelt die Staatsanwaltschaft. Dabei geht es um den Vorwurf von gefälschten Messprotokollen bei der Erstellung der Schlitzwände an der Baugrube sowie um nicht eingebaute Teile der Stahlbewehrung in den Schlitzwänden. Der Vorwurf wurde von Bilfinger Berger am 24. Februar 2010 als zutreffend erklärt. Ende Februar 2010 folgte ein Verdacht auf gefälschte Protokolle beim Bau der ICE-Trasse Nürnberg-München sowie beim U-Bahn Bau in Düsseldorf. Die Mitarbeiter – ein Polier, ein Bauleiter und ein Oberbauleiter, gegen die staatsanwaltschaftliche Ermittlungen laufen – wurden entlassen. Sie hatten auch Protokolle manipuliert.

Am 8. März 2010 teilte der Vorstandsvorsitzende Herbert Bodner mit, dass zwei unabhängige Expertenkommissionen das Qualitätssystem umfassend auf den Prüfstand stellen wollen. In der Presse kam auch der Verdacht auf Schwarzarbeit und Lohndumping durch Subuinternehmer auf. Im Juli 2011 wurde der ehemalige hessische Ministerpräsidenten Roland Koch an die Konzernspitze berufen.

Warum erinnert mich das an die Geschichte russischer Oligarchen, die nach dem Zusammenbruch der UdSSR mit organisierter Kriminalität Milliarden anhäuften und inzwischen tatsächlich versuchen, ehrlich zu werden? Die in der zweiten Generation, wie übrigens auch die Mafia, gesetzeskonforme Unternehmen gründen und nach der großen Geldwäsche nun in aller Unschuld mit dem moralischen Händewaschen beschäftigt sind? Die ihren Kindern die bestmögliche Ausbildung zukommen lassen und als großzügige Mäzene von Kunst und Kultur auftreten?

Auch Krisengewinnler, Agenten der "Treuhand"-Umverteilungen nach der Wiedervereinigung Deutschlands und Propagandisten von "Sachzwängen" der Globalisierung sehen, dass sich der Wind dreht, dass sie wohl bald auf die bisherige Art keine Geschäfte mehr machen können. Und so waschen sie ihre schmutzigen Hände in Unschuld.

Lutz Wengler, Stellvertreter der Generalintendantin des Nationaltheater Mannheim, und Thomas Töpfer, Mitglied des Vorstands von Bilfinger Berger, werden am 19.01.2012 Einzelheiten der Zusammenarbeit bei diesem Großoprojekt bekannt geben, das den Mannheimer "Ring" in allen Medien und in aller Welt bekannt machen soll.

Klar ist: Die Stadt und die Theater Deutschlands sind klamm, die Künstler brauchen Mäzene. Aber ob es solche sein müssen, sollten sie sich noch einmal überlegen. Im Zweifel wissen sie gar nicht, wie viele vernichtete Existenzen und wie viel Leid der Firma Bilfinger Berger das Geld für ihr Sponsoring in die Kasse gespült haben.

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