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Mira Foron (Foto: Veit Mette) |
Mira Foron ist ein begnadeter und fröhlicher Rotschopf von 23 Jahren aus Stuttgart. In der Spielzeit 2023/24 debütierte sie beim Staatsorchester mit dem Violinkonzert Nr. 1 von Dmitrij Schostakowitsch, und am 7. Dezember 2025 kehrte sie zum Jubel des Publikums zurück. Diesmal mit dem Violinkonzert D-Dur von Peter Tschaikowsky (1840 - 1893), dem einzigen des großen russischen Komponisten, das aber zu den bekanntesten und meist gespielten Violinkonzerten der Welt gehört. Nicht zufällig erinnert es in Schwierigkeitsgrad, Tonart und Stimmung an das Violinkonzert Nr. 1 D-Dur von Niccolo Paganini, zu dem die Solistin ebenfalls ein besonderes Verhältnis hat (Sie spielte als Zugabe Paganinis Capriccio Nr. 15). Das Violinkonzert Tschaikoswskys ist ein Mount Everest für alle Geiger, und Mira Foron nahm diese Herausforderung nicht nur an, sie bewältigte die Herkulesaufgabe mit Bravour. Sie ritt den Tiger und erreichte schon im Kopfsatz (Allegro moderato) eine souveräne Balance zwischen Schönklang, Ausdruck und Virtuosität. Die elegische Innerlichkeit des zweiten Satzes (Canzonetta. Andante) entfaltet sich, ist die Herausforderung des Technischen und Sich-Durchsetzens gegen das Orchester erst einmal bewältigt, berührend zart und melodisch. Das furiose Finale des dritten Satzes (Allegro vivacissimo) dirigierte Generalmusikdirektor Cornelius Meister wie erwartet sehr effektvoll, und die Solistin warf sich temperamentvoll in diesen Dialog. Geradezu tiefenentspannt bewältigte sie mit traumwandlerischer Sicherheit die rasanten Läufe und haarigen Doppelgriffe dieser musikalischen Wildwasserfahrt. Minutenlange Standing Ovations und Bravo-Rufe waren der Lohn. Hier durfte man das Gefühl haben, den Aufstieg eines neuen Sterns an einem Himmel voller Geigen zu erleben. Das Stuttgarter Eigengewächs Mira Foron hat schon viel Konzerterfahrung und wird die Welt erobern, aber zu Hause immer willkommen sein.
"Final(ment)e. Beziehungsweisen für zwei Trompeten und Orchester" (2021) heißt das nachfolgende Stück des Schweizers David Philip Hefti (*1975). Die Solisten Lennard Czakaj und Alexander Kirn spielten sich von den Seitenwänden des Beethovensaals aus über die Köpfe der Zuhörer hinweg mit Flügelhörnern, C-Trompeten und einer Piccolo-Trompete kurze Motive zu und erzeugte in einer großen Bandbreite von Klangfarben und die räumliche Distanz (auch vom Orchester auf der Bühne) Nachhall-Effekte und eine gezielt erzeugte Unschärfe im dialogischen Zusammenspiel. Tastende Suchbewegungen über 16 Minuten.
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| Cornelius Meister Foto: Matthias Baus |
Nach der Pause dirigierte Cornelius Meister zehn der 21 "Ungarischen Tänze" von Johannes Brahms (1833 - 1897) in der Fassung für Orchester. Tschaikowsky und Brahms zählen beide zu den bedeutendsten Komponisten der Romantik und kannten sich auch persönlich. So unterschiedlich sie auch waren, sie verstanden sich prächtig. Sie begegneten sich zum ersten Mal am Heiligabend 1887 beim Essen im Haus des Geigers Adolph Brodsky, damals Konzertmeister des Gewandhausorchesters in Leipzig, der später als Solist die Uraufführung des Violinkonzerts spielen sollte. Anna Brodsky, die Ehefrau des Gastgebers, schildert in ihren Memoiren diese Begegnung auf amüsante Weise und wurde dankenswerterweise im Programmheft zitiert.
Cornelius Meister dirigierte die Orchesterfassung der Ungarischen Tänze, mit denen dem Pianisten Brahms der Durchbruch beim breiten Publikum gelang, mit viel Temperament und großer Gestik. Der satte, weiche Streicherklang kam manchmal etwas übertrieben daher - vielleicht, weil Meister, seit seiner Jugend selbst Pianist und erst seit 1997 zusätzlich Dirigent, den Eindruck vermeiden wollte, dem Pianisten Brahms zu viel Raum zu lassen. Brahms hatte nämlich als junger Pianist den ungarischen Violinvirtuosen Eduard Reményi auf einer Deutschland-Tournee begleitet und dabei die charakteristischen Melodien, Harmonien und Rhythmen der populären ungarischen Volksmusik kennen gelernt, mit denen Reményi seine Konzerte gern anreicherte. Das war allerdings schon eine Form der Kunstmusik, die Caféhausmusik der Roma, die Brahms sehr faszinierte. Folglich waren die Csárdás-Tänze, die Brahms 1869 und 1880 aufschrieb, zunächst eigentlich nur Klaviersätze. Brahms verstand sich hier bewusst nicht so sehr als Komponist, sondern eher als Arrangeur von Volksmusik. Diese Bescheidenheit ehrt den Meister. Dem Publikum war´s egal. Die Leute feierten ihren Generalmusikdirektor in seiner letzten Spielzeit. Meister, geboren 1980 in Hannover, leitet seit 2018 Staatsoper und Staatsorchester in Stuttgart. Davor war er von 2010 bis 2018 Chefdirigent des ORF-Radio-Symphonieorchesters in Wien.




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