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Dienstag, 16. November 2010

Grube und das Großprojekt Babylon

"Pfeift denn niemand diesen Irren zurück?" fragt sich mancher, der in diesen Tagen Rüdiger Grube tönen hört, Stuttgart 21 werde auch dann gebaut, wenn eine neue Landesregierung in Baden-Württemberg aus dem Großprojekt aussteigen sollte. Das klingt zunächst, als sei der Chef der Deutschen Bahn in seinem Größenwahn bereit, sich über jede Entscheidung der Politik hinwegzusetzen. Aber genau dafür wird er bezahlt. Rüdiger Grube ist nicht irre; er redet so, weil das sein politisch gewollter Job ist - und Teil einer babylonischen Sprachverwirrung.

In Wirklichkeit aber werden hier neue Rückzugslinien gezogen: Grube rechnet längst damit, dass sein Projekt scheitert, und will einen neuen Schuldigen dafür aufbauen. Die Bahn  gehört zu 100 Prozent dem Bund, und nach dem Verfassungsrecht müsste der auch allein bauen, was da ansteht. Damit er´s bloß tut, haben die Stadt Stuttgart und das Land Baden-Württemberg in fragwürdiger Auslegung des Verfassungsarechts erhebliche finanzielle Beteiligungen, ja Vorleistungen erbracht in Zeiten, als der Bundesverkehrsminister einer rot-grünen Regierung Stuttgart 21 nicht wollte. Jetzt hat Bundesverkehrsminister Ramsauer zwar gesagt, Stuttgart 21 werde so oder so gebaut, aber er ist bei seinen Kostenberechnungen der Lüge überführt. Der Bundesrechnungshof hat ihn öffentlich dafür gerügt, dass seine Leute die Kosten schöngerechnet und Aktivposten auf die Habenseite geschlagen haben, die es nie geben wird. Schon die nächste Lüge kann auch Ramsauer den Job kosten, und dann? Dann ist Grube dran, und er weiß das.

Wie gesagt, die Bahn gehört dem Bund, also den Steuerzahlern. Und wenn  die beschließen, dass die Bahn nicht privatisiert wird und dass Stuttgart 21 ein größenwahnsinniges Prestigeprojekt ist, kann dieser (völlig überbezahlte) Angestellte des Steuerzahlers nur noch gehen oder gehorchen. Er ist dann sowieso überflüssig, so weit es um die autoritäre Überheblichkeit eines Privatunternehmers geht. Die Bahn ist nicht privat und sollte es aus guten Gründen niemals sein. Auch darüber versucht Grube die Öffentlichkeit zu täuschen.

Hochmut stand immer vor dem Fall. Und der kann sehr tief sein. Der Stuttgarter OB  Wolfgang Schuster ist nur noch ein Schatten, seit herauskam, dass er Stuttgart 21 durch Wortbruch und heimliche Unterschriften ermöglicht hat. Ministerpräsident Mappus wird darüber stürzen, dass er mit Gewalt den friedlichen Protest gegen den Missbrauch demokratischer und gerichtlicher Verfahren niederzuschlagen versuchte. Jetzt versucht Grube nur, Berlin noch enger auf seine Linie einzuschwören, denn der Volksmund hat Recht: Mit gefangen, mit gehangen.

In Stuttgart läuft es schlecht für das Projekt: Die Schlichtung von Heiner Geißler fördert jede Woche neue Rechtsbrüche und Schwächen bei Stuttgart 21 zu Tage. Dazu kommt inzwischen ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss zur Klärung des gewalttätigen Polizeieinsatzes vom 30. September gegen Stuttgart-21-Gegner. Er wird zahlreiche Beweise dafür zu Tage fördern, was hier schon  jeder weiß: Fast das ganze Kabinett von Ministerpräsident Mappus hat sich bei Stuttgart 21 zu Rechtsbrüchen verleiten lassen. Die CDU-FDP-Landesregierung steht mit dem Rücken zur Wand und schlägt verzweifelt um sich. Aber Beamte haben ihren Eid nicht darauf geleistet, für eine Regierung zu lügen. Und wenn die Landtagswahl am 27. März 2011 diese Zustände beendet, schlägt auch die Stunde für deren Unterstützer in Berlin - Grube inbegriffen.

Großprojekte, das weiß man seit Babylon, haben oft nicht den Segen höherer Mächte, auch nicht den des Volkes. Die Strafe Gottes im Fall der Turmbauer im Zweistromland war die Verwirrung der Sprache. Das krankhafte Lügen ist ein Teil dieser Verwirrung und schon jetzt ein Markenzeichen der Stuttgart-21-Befürworter. Leute wie Rüdiger Grube können gar nicht mehr denken, also auch nicht reden, was wahr ist. Sie leben eingesponnen in einer Welt der Irrtümer und Missverständnisse. Ihre Wahrnehmung der Realität ist gestört. Sie verstehen nicht und können sich nicht verständlich machen. Sie sind geschlagen mit Blindheit und Taubheit.

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