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Donnerstag, 9. September 2010

Stimmungsdemokratie in Stuttgart?



















Peter Hauck, CDU-Fraktionschef im Stuttgarter Landtatg und Stuttgart-21-Befürworter, hat auf den Rückzug der SPD aus der Ablehnungsfront gegen einen Volksentscheid als Wadenbeißer reagiert und erklärt: "Wir leben nicht in einer Stimmungsdemokratie".

So, tun wir nicht? - Na, der Mann hat Recht, denn ich fürchte, wir leben in gar keiner Demokratie mehr! Wenn die Stimmung am Wahltag so ist wie heute, sind CDU und FDP in Baden-Württemberg jedenfalls weg vom Fenster. Herr Hauck sollte einmal erklären, was denn sonst Wahlen entscheidet, wenn nicht die Stimmung der Wähler. Würden diese Politiker sonst immerfort Umfragewerte studieren, die nichts anderes sind als momentane Stimmungsbilder? Was man unwichtig findet, sollte man auch so behandeln. Dann schlaft mal schön weiter, Ihr Herren von der CDU und der Deutschen Bahn.

Ministerpräsident Stefan Mappus hat mich wesentlich mehr erschreckt mit der konfusen Mischung aus Legalismus und Relativismus, der aus dem Satz spricht: "Selbst wenn wir wollten, könnten wir aus Stuttgart 21 aus juristischen Gründen nicht mehr aussteigen!"

Hallo, geht´s noch? Noch nie was von Notausstieg gehört? In jedem Zug, auch wenn er längst abgefahren ist, hängen Hämmer zum Einschlagen der Fenster für den Fall, dass man anders nicht mehr hinauskommt. Vor jedem Flug werden die Passagiere auf die Notausstiege hingewiesen. Das Leben ist realistisch, aber die Herren von der Bahn und von der Politik klammern sich an Träume von einer eingebildeten Unumkehrbarkeit ihres Projekts. Deshalb fehlt auch jede Einsicht. Es ist eine Frechheit und zeugt von fehlendem Respekt vor dem Souverän dieses Landes (laut Verfassung sind das wir, das Volk), wenn man Gespräche anbietet und gleichzeitig das, worüber zu reden ist, weiter abreißen oder bauen lässt. So sieht ein ehrliches Angebot zu Gesprächen ohne Vorbedingungen eben NICHT aus.

Diese elende Mischung aus ständigen Manipulationsversuchen und Drohungen bringt die Menschen erst recht auf gegen Leute, die das Projekt befürworten. Man muss nicht einmal gegen Stuttgart 21 sein, um gegen die Art und Weise zu sein, wie hier mit Menschen umgegangen wird, die ihr demokratisches Grundrecht auf Protest wahrnehmen. Verkehrsministerin Tanja Gönner hat auf die Frage, was für ein Rechtsstaat das ist, auf den sie sich dauernd beruft und dessen Repräsentanten anscheinend machen können, was sie wollen, als Antwort nur das Gesicht einer beleidigten Oberschülerin.


Ich wüsste z.B. gern, wer die unverhältnismäßigen Polizeieinsätze gegen die Baumbesetzer von Robin Wood und andere Parkschützer in Stuttgart befohlen hat. Meines Erachtens sind solche Aktionen illegal, zumindest aber illegitim. Ganz sicher ist die Grenze des demokratisch Legitimierten und Zulässigen überschritten, wenn die Polizei einen Landtagskandidaten der Piratenpartei festnimmt, der solche Aktionen mit seinem Handy filmen wollte. Peinliche Bilder einfach unterdrücken? Die "lupenreinen Demokraten" Putin und Berlusconi lassen grüßen! Mal sehen, ob die Polizei es im Auftrag dieser "Volksvertreter" auch noch wagt, meinen Presseausweis zu kassieren.

Wenn die Polizei schon jetzt überfordert ist mit den ständigen Einsätzen wegen Stuttgart 21,  dann sollte man ihr alle wirklich überflüssigen Einsätze und den Aufbau von Drohkulissen gegen friedliche Bürger ersparen! Warum z.B. stehen halbe Hundertschaften sich an den Eingängen zum Bahnhof und in der Bahnhofshalle die Beine in den Bauch, obwohl niemand etwas gegen den Betrieb der Bahn unternimmt? Was ist das überhaupt für ein Sicherheitskonzept, das sich nicht defensiv auf die Sicherheit des Bahnbetriebs und der Bauarbeiten beschränkt, sondern aggressiv gegen Leute vorgeht, die ihre Meinung demonstrieren?

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