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Samstag, 31. Januar 2009

Kultur-Demokratie funktioniert nicht

Heute lese ich in der "Stuttgarter Zeitung" wieder mal endlose und nicht mal ganz unwitzige Betrachtungen über den schlechten Geschmack in den Medien, vor allem im Fernsehen. Beispiele: 7,17 Millionen Zuschauer am Samstag Abend beim "Dschungelcamp" von RTL und 10,6 Millionen, die beim ZDF Thomas Gottschalks immer dämlicher werdendes "Wetten dass" geguckt haben: Diesmal brachte er jemanden auf die Bühne, der Tierscheiße am Geruch erkennt. Klasse: Ich kann das auch - und besser, erkenne ich doch Scheiße in Text, Wort und Bild, ja sogar oft im musikalischen Ton ähnlich präzise und zuverlässig. Aber um bei der Medienkritik zu bleiben: Irgendwie ist sie obsolet, d.h. hat sich erübrigt, oder?

Die Zeitung sollte sich an die eigene Nase fassen, was den schlechten Geschmack angeht: Es ist einfach nicht ehrlich, sondern pseudodemokratisch, wenn man die Boulevardisierung des Fernsehens beklagt und gleichzeitig die eigene Zeitung zum Versuch mieser, politisch motivierter Manipulationsversuche missbraucht. Oder glauben diese Herrschaften, die ebenso hoch gelobten wie beschissenen Inszenierungen in ihrem mehrfachen "Opernhaus des Jahres" hätten irgend etwas Demokratisches? Das Publikum jedenfalls will dieses Regietheater gar nicht sehen, wird aber beharrlich als inkompetent hingestellt und übergangen. Sollen sich Puhlmann und Hasko Weber ein Beispiel an Karlsruhe nehmen. Was Intenandt Achim Thorwaldt da für eine Kulturpolitik macht: das ist wirklich gutes politsches Theater, aber zuerst mal gutes Theater. Geht doch! Der Mann hat ständig ausverkauftes Haus und ist viel billiger als Stuttgart obendrein. Aber zurück zur Medienkritik.

Es ist ja nicht mehr neu, den Untergang des Abendlandes mit Beispielen aus dem schlechten Fernsehprogramm zu belegen. Dabei ist das mit Kulturprogrammen wie bei Politikern: Jedes Volk hat die, die es verdient, weil es sie gewählt hat. Am schlechten Geschmack der Massen ändert das freilich nichts. Deshalb ist ja Kultur nicht mit Quote vereinbar. Das Programm kann nie schlechter sein als der Geschmack des Publikums. Und wenn die Millionen in Deutschkland einen schlechten Geschmack haben, ist das nicht die Schuld der Medien - jedenfalls nicht primär. Schuld der Meduien ist es höchstens, diesen schlechten Geschmack ständig und immer unverhohlener zu bedienen, als wäre er gut. Das macht die Sache in der Tat schlimmer, als sie schon ist! Demokratie kann also bei Geschmack und Niveau, bei Bildung und Kultur nicht funktionieren. Da hilft höchstens eine Pädagogik der Verführung, zu der man aber erst einmal in der Lage sein und dann mutig stehen muss. Wie der Tenor, Regisseur und Dirigentn José Cura mir kürzlich sagte: Um Regeln zu verletzten, muss man sie erst einmal kennen, einhalten und beherrschen. Und die meisten Möchtegern-Avantgardisten verlaufen sich bis dahin gehörig.

Die meisten Medienmogule und Medienmacher verführen nicht - weil sie nicht können oder nicht wollen, sei dahin gestellt. Sie sind etwa so penetrant provinziell und manipulationsgeil wie die Musikkritiker der erwähnten "Stuttgarter Zeitung", die alles runtermachen, was nicht Staatsoper Stuttgart oder Internationale Bachakademie heißt - in der kindischen Hoffnung, dass sie damit Meinung machen. Sie verderben aber nur den Geschmack, wenn sie z.B. den eigenen Leuten aus falsch verstandenem Lokalpatriotismus heraus jeden Blödsinn durchgehen lassen. So geschehen zum x-ten Mal etwa bei der Tschaikowski-Oper "Eugen Onegin", wo vermummte Skiläufer in Abbruch-Häusern agierten. Wenn aber im Festspielhaus BADEN-BADEN (wie heute vor einer Woche und am Mittwioch bei den Winterfestspienen) die umjubelte Salzburger Inszenierung des "Rosenkavaliers" von Richard Strauß zu sehen ist, wird prinzipiell gemeckert. Kann man nicht einfach ohne blöde Untertöne neidlos zugeben, dass es zur Zeit keine bessere Besetzung gibt als die mit René Fleming, Diana Damrau und Sophie Koch in den Hauptrollen? Zusätzlich wurde das Ereignis aufgewertet durch einen glänzenden, ausgesprochen spielfreudigen Jonas Kaufmann in der kleinen, aber anspruchsvollen Rolle des Sängers. Das war einmalig, aber die "Stuttgarter Zeitung" mäkelt denkbar neidisch und schlecht gelaunt daran herum. Die Fleming als Objekt der Begierde und nicht in Stuttgart - kann das sein? Das darf nicht, also kann es nicht sein. So ticken nur Trottel.

Dabei ist allein die Wahrscheinlichkeit, dass man Fleming, Damrau und Koch noch einmal auf einer Bühne zusammen singen hört, so klein, dass jeder Kritiker sich nur freuen müsste. Sie haben nämlich schön gesungen UND schön gespielt. Das Publikum wusste es besser als diese hoch bezahlten Miesepeter aus Stuttgart. Es umlagerte nach der Vorstellung die Künstler, die geduldig mit jedem sprachen und sich die Finger wund signierten. Es war nur traurig, dass Sophie Koch, die ihre Hosenrolle phantastisch sang und auf Augenhöhe blendend mit den Weltstars harmonierte, mangels Masse (sprich: CD) nicht signieren konnte: Von dieser französischen Nachwuchs-Sängerin gibt es keine einzige Aufnahme! Dabei hat sie diese Rolle schon vor zwei Jahren in Paris mit einem Riesen-Erfolg gesungen. Aber da waren ja die Deutsche Grammophon und Decca und alle anderen nur mit dem Hype um Anna Netrebko und Rolando Villazón beschäftigt. Man sieht: Dämlichkeit über Dämlichkeit - nur durch das Schielen auf Masse. Mit Kunst verträgt sich das nicht. Geschmack war noch nie eine Sache der Demokratie - nur der Zugang zu Kunst und Kultur. Den aber verrammelt, wer immer nur auf Quoten schielt oder das niedrigst-mögliche Niveau anpeilt und die niederen Instinkte der plebs bedient - angeblich weil das demokratisch ist...

Donnerstag, 1. Januar 2009

Großartig: Silvester mit Elina Garanca

Wenn das neue Jahr 2009 so wird wie die Silvestergala im Festspielhaus Baden-Baden mit Elina Garanca, dann kann man dazu getrost "wunderbar" sagen. Die lettische Mezzo-Sopranistin war der absolute Star eines umjubelten Abends mit der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern unter Leitung des britischen Dirigenten Karel Mark Chichon (im Bild an der Seite des Stars).
Die New York Times feierte den 39jährigen als Wunderkind, seit 2006 ist er Chef des Grazer Sinfonieorchesters und im September leitete er erstmals das Orchester der Wiener Staatoper.
Ich kannte ihn nur vom diesjährigen Weihnachtskonzert aus Wien im Fernsehen und muss sagen: Er hat auch mich beeindruckt durch seine Mischung aus Kompetenz, Leidenschaft und Temperament. Vielleicht ist Spanien in seinem Stammbaum vertreten - der Name deutet jedenfalls darauf hin. Live auf der Bühne strahlt er so viel Gelassenheit wie nötig und so viel wie Präsenz wie möglich aus.

Nordische Schönheit singt spanisch
Spanisch war´s, und temperamentvoll, auch wenn ich mich wiederhole. Nach der Ouvertüre zu Verdis Oper "La forza del destino" sang Garanca die Arie "Nel giardin del bello" der Eboli aus Verdis Oper "Don Carlo". In der "Erholungspause" für die Sängerin spielte eine großartige Dora Bratchkova das Violin-Solo des Andante aus der "Symphonie Espagnole" von Edouard Lalo. Es folgten Auszüge aus "Carmen" von Georges Bizet. Und schon nach der "Habanera", der "Seguedilla" aus dem 1. Akt und dem "Chanson Bohéme" reagierte das Publikum mit frenetischem Beifall und vielen Bravos. Die Garanca verdient sich das nicht nur durch ihre unglaubliche gesangliche Leistung, obwohl schon die sehr selten ist: Präzision, Kraft, Geschmeidigkeit und eine Stimme, die vom warmen erotischen Timbre des Alt bis zu den girrenden Koloraturen und einem finalen hohen C reicht, das Bäume spalten kann. Sie verdient es sich auch, weil zur Zeit sonst niemand so mit dem Publikum flirtet wie sie - meiner Meinung nach nicht einmal Anna Netrebko (und das sagt einer, der eine Rose von ihr bekam).

Elina Garanca beherrscht die ganze Klaviatur der Mimik, wie sie der Verhaltensforscher Irenäus Eibl-Eibesfeldt in seiner großen kulturvergleichenden Studie über eine "universale Grammatik des sozialen Verhaltens" dokumentiert: Blickkontakt, Lächeln, verschämtes Senken des Blicks oder anmutiges Wegdrehen des Kopfes, erneuter Blickkontakt, weiter geöffnet diesmal die Augen, das Lächeln, usw. Das tut sie in jeder Phase ihres Gesanges - und zwar nicht nur zu den VIP-Logen oder zur ersten Reihe hin. Sie tut es aber auch während der instrumentalen Zwischenspiele, deutet hier ein Tänzchen an, ändert dort ihre Mimik von liebreizend zu dramatisch oder komisch. Bewusst oder unbewusst? - Auf jeden Fall genial. Man muss im Singen erst mal so gut und sicher sein, dass solches Beiwerk überhaupt ein Thema ist. Die Garanca muss sich in spanische Musik und spanische Themen verliebt haben; anders lässt sich kaum erklären, dass die nordische Schönheit sich derzeit so weit im Süden tummelt. Dass sie auch anders kann, weiß man spätestens seit 2003, da gab sie in Salzburg "La clemenza di Tito" von Mozart.

Überraschungen bei der Auswahl
Nach der Pause standen Zarzuelas auf dem Programm - diese spanischen Äquivalente unserer Operetten, deren Komponisten man hierzuland kaum kennt und die meist kurze Einakter voller Volkslieder sind. Meine Befürchtung, es könnte rührselig und hausbacken werden, erwies sich als völlig grund- und haltlos. Im Gegenteil: Ich werde versuchen, mir ein paar Namen von Komponisten zu merken. Den von Geronimo Giménez etwa, aber auch Francisco Asenjo Barberi, aus dessen Zarzuela "El Barberillo de Lavapies" Garanca die "Canción de Paloma" sang, oder den Namen Ruperto Chapí y Lorente: Wenn alle seine Zarzuelas das musikalische Niveau haben wie die "Romanza de Socorro" aus "El barquillero" oder die "Carceleras" aus den "Hijas del Zebedeo", bekommt man wirklich Lust auf mehr. Das gleiche gilt für die "Canción Espanola" aus "El nino judio" von Pablo Luna.

Eine Überraschung dürfte nicht nur für mich gewesen sein, wie tief und musikalisch virtuos sich Nikolai Rimsky-Korsakow im "Capriccio Espagnol" als Russe in die spanische Seele versetzt hat. Das Orchester spielte drei großartige Auszüge aus diesem Werk des Komponisten, den man eher als Konkurrenten von Mussorgskij und Lehrer von Strawinsky und Prokofjew kennt.

Das Programm forderte Tempo und Anpassung, und beides leistete Chichon blitzgescheit und in phantastischer Spiellaune. Die hatte auch das Orchester, an dessen Leistung es für mich nichts, aber auch gar nichts zu meckern gibt. Traurig daran sind nur der monströse Name, die Tatsache, dass dieser Klangkörper nach der Fusion des Radio-Sinfonieorchesters Saarbrücken mit dem aus Kaiserslautern immer noch keine angemessene "eigene" Spielstätte hat, und sein Platz auf der Liste bedrohter Arten: Der SWR hat jetzt drei im prinzip gleichwertige Radio-Sinfonieorchester, deren Repertoire sich auch noch ähnelt. Da kann man sich an fünf Fingern abzählen, wann es Sparzwängen geopfert wird. Aber ich fange an zu räsonnieren und will doch keineswegs den Bericht über einen großen Musikabend trüben.
Nein, die Silvesterlaune war prächtig. Wenn auch wie in den Reden zum Jahreswechsel düstere Aussichten nicht ganz aus dem Hinterkopf zu verdrängen waren: Nicht nur mir war zum Tanz auf dem Vulkan zumute. Dieser Vulkan hieß Elina Garanca, allen anderen Vulkanen zum Trotz, deren Existenz und Brisanz ich nicht leugne. Sie war ja auch schon mehrfach in Baden-Baden: Ihren Durchbruch schaffte sie dort als Partnerin der Gruberova in "Norma" von Bellini, und ihr gemeinsamer Auftritt mit Anna Netrebko vor anderthalb Jahren war ein Highlight.

ARD-Mittschnitt: tumber Zusammenschnitt
Ganz und gar kein Highlight war aber am Neujahrstag die ARD-Version des Silvesterkonzerts - oder soll man sagen: Was die ARD in Gestalt des Redakteurs Harald Letfuß davon übrig ließ? Es ist schon schade, wenn man ein Programm von 90 Minuten auf 60 kürzen muss. Aber so etwas kommt häufiger vor und ist kein Grund für Verstümmelungen. Dirigent Chichon, Frau Garanca und vielleicht auch das Festspielhaus als Veranstalter haben sich sehr wohl etwas bei der Zusammenstellung des Programms gedacht. Das sind Profis, deren Arbeit das Publikum mit Beifallsstürmen belohnt. Und dann kommt ein Team für den Zusammenschnitt, das an Silvester abends arbeiten muss, damit am nächsten Morgenm um 10 Uhr gesendet werden kann, und demonstriert Arroganz und Ignoranz vom Feinsten. Arroganz, weil man anscheinend in übler Laune und Lustlosigkeit antritt und den eigentlichen Machern mal wieder zeigen will, wo der Hammer hängt. Und Ignoranz, weil man dabei die Regeln des guten Geschmacks ebenso verletzt wie die des Anstands gegenüber künstlerischen Urhebern, weil man einfach handwerklich Mist baut. Um nur die gröbsten Unmöglichkeiten offener Verachtung aufzuzählen, die man diesem schönen Abend in der ARD angetan hat:

Warum die Ouvertüre der Oper "Die Macht des Schicksals" von Giuseppe Verdi einfach entfiel? - Vermutlich nicht nur aus Zeitgründen, sondern weil auch der starke Spanien-Bezug niemandem auffiel. Das Libretto des Dramas um überholte Ehrgriffe ist so spanisch wie der Urheber des Romans "Don Alvaro o la fuerza del sino": niemand Geringeres als Angel de Saavedra, der Duque de Rivas (1771-1865), ein führender Aufklärer im Land der Inquisition. Es fehlt also im Fernsehen der starke musikalische Auftakt, und man hält das Publikum für so blöde, dass es die unterschlagenen historischen und literarischen Bezüge schon nicht vermissen wird.

Dramaturgisch im Fernsehen verpatzt

Das unglaublich starke Violinsolo von Dora Bratchkova aus der "Symphonie Espagnole" von Edouard Lalo ersatzlos zu streichen, war ein doppelter Fauxpas: Erstens weil man eine international renommierte Solistin nicht anreisen lässt, um sie dann trotz (oder wegen?) erwiesener Leistungen einfach zu ignorieren; zweitens weil durch diese tumbe Streichung das ganze dramaturgische Konzept schier irreparabel durcheinander kam. Ja, es gibt auch eine Dramaturgie jenseits der ARD-Fernsehredaktionen, und die wäre hier einmal mehr klar die bessere gewesen.
Ähnlich unmöglich war der Entschluss, ausgerechnet die brillanten Auszüge aus dem "Capriccio Espagnol" von Rimsky-Korsakow zu streichen. Zugegeben, das war eine längliche Instrumental-Enlage, die man aber gut als "Raumteiler" zwischen Verdi und Bizet im ersten Abschnitt und den ebenso zauberhaften wie virtous dargebotenen Zarzuela-Arien hätte einsetzen können. Das tat aber niemand. Stattdessen wurde belanglose Tanzmusik aus dem Zugabenteil bemüht, auf die man nun wirklich gut hätte verzichten können.
Eine Frechheit schließlich oder bloß Angst vor den finanziellen Folgen urheberrechtlicher Aberkennung: Die "Malaguena" von Ernesto Lecuona wurde ebenfalls gestrichen - obwohl oder weil der Dirigent Chichon das anspruchsvolle Stück für Orchester bearbeitet hatte. Ohne über die möglichen Ursachen genauer zu spekulieren: Ich finde, so etwas gehört sich einfach nicht.

Ganz zu schweigen von der Kameraführung (oder vielleicht auch der Bildregie, das weiß nur, wer im Schneideraum saß): Elina Garanca hat zwar mit dem Publikum geflirtet, aber das Fernsehen nicht. Die erste Reihe z.B. hatte wie üblich besonders viel bezahlt; weil aber zwei Sitze leer blieben (vielleicht hatte der Eisregen des Abends zwei ältere Leute am Kommen gehindert), wurde sie überhaupt nicht gezeigt, weder in Zwischenschnitten noch beim Applaus. Dafür kamen dann immer wieder bei Schwenks über die Totale des vollen Parketts die vieleicht 20 leeren Sitze ins Bild, die eigens als "Schussfeld" für die zentrale Kamera an der Rückwand mit Blickrichtung Bühne frei gehalten wurden. Man muss sich das mal vorstellen: Da verzichtet das Festspielhaus auf Einnahmen in Höhe von gut und gern 3000 €, damit der Kameramann einen guten Blick hat. Und dann zeigt die ARD peinliche Bilder, die wirken, als sei das Haus nicht annähernd voll gewesen. Das geht auch anders.

Sekundäre Wiedergutmachung
Wie anders das Ganze wirken kann, zeigte die Version dieses Konzertes, die 3sat am Neujahrstag von 11.05 bis 12.45 Uhr ausstrahlte, oder auch die im dritten Programm des verantwortlichen SWR am Sonntag, den 4. Januar (11.15. - 12.40 Uhr) . Von der Live-Übertragung im Hörfunk bei SWR2 ganz zu schweigen, dann das ist sowieso der beste Kulturkanal im deutschgsprachigen Raum. Ärgerlich bleibt aber die Attitüde der Fernseh-Macher, im 1. Programm der Kultur des Leben schwer zu machen.

Der Respekt vor Kunst und Künstlern wird in die Nischenprogramme abgeschoben, an denen der Gebührenzahler sowieso beteiligt ist: das große Feigenblatt arte folgt sicher ebenso wie die anderen Regionalprogramme der ARD, der ZDF-Theaterkanal und das Ausland. Irgendwann wird dieses Konzert überall zu hören sein. Und das ist dann auch wieder ärgerlich - dieses Abnudeln und Totalvermarkten: So schön ich die Ausstrahlung in zeitnahen Rundfunksendungen finde, weil damit große Kunst ein wirklich großes Publikum erreicht, so unschön finde ich den Überdruss, der irgendwann entsteht, wenn überall die gleichen Superstars zu sehen sind, die den anderen die Luft zum Atmen und das Geld für die Miete wegnehmen.

Die Marktmacht der öffentlich-rechtlichen Sender ist eigentlich genau dafür nicht gedacht. ARD und ZDF haben den Auftrag, Bildungsträger und im Bereich von Kunst und Unterhaltung Mäzen zu sein, nicht etwa exzessiv bereits gekürte Stars zu promoten. Das sollte die Künstleragentur von Elina Garanca tun, nicht das Fernsehen. Das hat nur einmal mehr bewiesen, wie man seine besten Pferde zu Tode reiten kann. Ich bewundere Elina Garanca. Aber ich verachte das deutsche Fernsehen dafür, wie es mit ihr umgeht. So etwas ist ja kein Einzelfall. Und wenn die Künstler nicht sehr aufpassen und extrem charakterfest sind, geht es ihnen wie weiland José Cura oder Rolando Villazón oder wahrscheinlich auch Anna Netrebko: Sie werden aus niedrigen Motiven gnadenlos verheizt. Diese niedrigen Motive (Geldgier nämlich) zu bedienen, das verwechseln viele Medienleute und vor allem Politiker mit medialer Demokratie. Wer den bildungs- und gesellschaftspolitischen Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vergessen hat, gehört dort nicht hin und sollte zu den Privaten gehen. Diese Kulturbeamten sind aber unkündbar. Deshalb starren sie auch öffentlich-rechtlich so auf die Quote, die eigentlich einen Scheißdreck gelten dürfte.