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Samstag, 1. November 2008

Neue Gedichte von Karl Lubomirski

Karl Lubomirski hat wieder einen neuen Lyrikband herausgebracht: RAUMFREMDE, 38 Seiten, erschienen bei der Edition Thurnhof in Tirol (Österreich) ist eine bibliophile Edition mit stimmungsvollen Offset-Farblithographien von Wilbeth Neubarth. Bestellen kann man das Büchlein über toni.kurz@thurnhof.at, und weitere Informationen gibt es im Internet unter www.thurnhof.at.

Eigentlich kann ich ja mit abstrakten Grafiken nicht viel anfangen, aber diese Farblithos von Neubarth haben eine unauffällig Eleganz, die sehr gut zu den Gedichten von Lubomirski passt. Davon nur eine kurze Probe:

Der Kiesel am Weg
so rund
vom Erzählen.
Und niemand
hört zu.


Da ist die Haiku-verwandte Kürze, die sprachliche Verdichtung und Verknappung in philosophischen Sentenzen von großer schlichter Schönheit. In der Tat: 400 Exemplare Auflage, wer hört dem Dichter noch zu? Und doch wird das hier leichter, denn der Leser kann schauen. Es ist eine Anschauung nicht wie im primitiven Comic, sondern eher wie in alten Fresken romanischer Kirchen, die sich auch nicht bloß an die Analphabeten richteten. Auch der Gebildete hatte (und hat) in ihnen einen kostbaren Anstoß zur Meditation.
Lubomirskis Gedichte sind weltliche Gebete, getragen von einer skeptischen Transzendenz. Da ist einer gläubig, obwohl er längst seinen Glauben verloren hat. Denn er liebt noch. Da ist einer auf eigene Beine zu stehen gekommen und hängt nicht mehr am Faden der großen Puppenspieler, aber er spielt das Spiel noch - und wie souverän - es ist eine Lust!
Nicht nur die Texte sind so, auch die Graphiken. Das ist eine gemeinsame Arbeit im besten Sinne des Wortes, die zum Nachdenken anregt, kleine Fröhlichkeiten und eine große Melancholie über den Zustand der Welt ausbreitet, und dann, bevor man traurig wird, weil schon alles wieder vorbei ist: husch husch, ab ins Bettchen, sprich: ins Bücherregal.
Und weil der Advent naht, zum Abschied noch eins dieser Gedichte:

Mein Weihnachtsbaum

Er steht ein wenig schief,
ist eigentlich ein Ölbaum.
Ich habe ich selbst gepflanzt,.
Und wenn im Winter
alle Vögel schweigen,
trägt mir aus seinen Zweigen
ein Rotkehlchen,
das meine Mutter war,
das Weihnachtslied
ins leere Haus.