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Freitag, 29. Februar 2008

3 Tage im LKW unterwegs

Im Januar war ich 3 Tage mit einem LKW unterwegs, um Leben und Alltag der Fernfahrer kennen zu lernen. Ganz schön hart (nicht nur kalt). 40 Tonnen Freiheit sind 40 Tonnen Verantwortung, die Freiheit "auf dem Bock" wir immer kleiner, die Branche hat einen miserablen Ruf. Der wird auch nicht besser, seit Europas größter Spediteur zugegeben hat, gegen Gesetze verstoßen zu haben. Der Prozess gegen Thomas und Willi Betz aus Reutlingen neigt sich also dem Ende zu. Die Unsitten auf der Straße aber gehen weiter, und am meisten haben die anständigen Fahrer darunter zu leiden.
Ich habe auch eine Menge gelernt, nicht nur dass der Blick auf die Welt aus dem Führerhaus eines LKW etwas anders ist. Wussten Sie z.B., dass Willi Betz seine ersten Millionen machte, weil er als Inhaber eines Zollhofs in Teheran unter dem Schah-Regime an jedem Panzer, an jedem Gewehr und an jedem Schuss Munition Geld verdient hat, die über dem Landweg nach Persien / Iran kamen, um die Armee aufzurüsten und den brutalen Geheimdienst des Schah aufzubauen? Oder wussten Sie, dass die Arbeiter bei der Aluminiumschmelze Aleris Recycling in Deizisau am Neckar jede Menge giftige Dämpfe einatmen, weil kein Atemschutz vorgesehen ist?

Man sieht so einiges in diesem Land als unauffälliger Beifahrer eines LKW - auch wie in den großen Zentrallagern der Republik (Schlecker, Liedl, Aldi & Co.) Lagerarbeiter eingespart werden, weil man die Fahrer selbst be- und entladen lässt. Die Fahrer müssen oft stundenlang warten und verpassen Anschlusstermine (und manchmal auch das Wochenende), weil sie als schwächstes Glied in dieser Kette von den Großen rücksichtslos hin und her geschoben werden. "Laden nach Lagerkapazität" nennt man das.
Um fair zu bleiben: Ich habe aber auch gelernt, warum Autohöfe auch für Pkw-Fahrer billiger und besser sind als normale Autobahnraststätten. Und ich weiß jetzt, dass nur die schwarzen Schade schwarz sind und die Besucher von Trucker-Treffen ein Rad ab haben. Die große Mehrheit der Spediteure ist fair und verantwortungsbewusst, und die allermeisten Fahrer laufen eben nicht mit Cowboyhut und Stiefeln rum. Die sehen Frau und Kinder die ganze Woche über nicht und werden auch mal sentimental - vor allem, wenn sie eine saubere Dusche, einen freien Parkplatz oder eine Toilette suchen, das nicht verstopft und verdreckt ist. Die Spesen reichen gerade mal für eine warme Mahlzeit am Tag, die Scheidungsrate ist höher als bei der Kripo und das Schlafen in der Führerhaus-Koje macht die Knochen kaputt. Trotzdem gibt es noch Fahrer wie Dieter, der mich mitnahm, die nie den Humor verlieren und die trotz allem Fernfahrer mit Leib uns Seele bleiben. Hut ab!

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