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Donnerstag, 26. April 2007

Lektüre-Tipp

SWR 2 Buchkritik (Sachbuch) Abdellah Hammoudi:
“Saison in Mekka. Geschichte einer Pilgerfahrt“
© Widmar Puhl (4´24)
Mekka, die heilige Stadt des Islam, darf kein Nicht-Muslim betreten. Umso spannender liest sich der Bericht des gebürtigen Marokkaners Abdellah Hammoudi. „Saison in Mekka. Geschichte einer Pilgerfahrt“ heißt dieses bemerkenswerte Buch. Es ist mehr als eine Insider-Reportage, obwohl es einmalige Einblicke in das verschlossene Herz einer Weltreligion bietet. Denn es enthält zugleich Innenansicht und Außenansicht. Der Muslim Hammoudi lebt als Professor der Ethnologie in Princeton, USA, und ist im Sinne der Theologen keineswegs rechtgläubig. Mit bewundernswerter Ehrlichkeit erzählt der Autor von einem sehr persönlichen Experiment: Die Suche nach seinen Wurzeln erlebt er als Quadratur des Kreises und schmerzhaftes Dilemma. Einerseits ist er durch und durch ein freiheitsliebender, aufgeklärter Demokrat, hat sich an den westlichen Lebensstil gewöhnt und hält sich schon längst nicht mehr an religiöse Vorschriften. Andererseits ist der Islam seine geistige Heimat geblieben, sein moralisches, spirituelles und kulturelles Zuhause. Jeder Mekka-Besucher kehrt als anderer Mensch zurück. Davon legen zahlreiche fromme Berichte Zeugnis ab. Aber wie ist es, wenn einer nach Mekka pilgert, der sich fast als Verräter fühlt, dem seine eigene Tradition fremd und bedrohlich erscheint? Wie ist es, wenn einer aus dem inneren und äußeren Exil kommt und die Probe aufs Exempel wagt? Es ist, kurz gesagt, in jeder Hinsicht ein Abenteuer. Mit dem geschulten Blick des Völkerkundlers beobachtet Hammoudi wach und kritisch, aber zugleich immer respektvoll nicht nur die traditionellen Rituale des Hadsch, sondern auch die profanen Begleitumstände. Jeder Muslim muss einmal im Leben diese Pilgerfahrt machen, und so ist dieses globale Reisegeschehen zur Quelle einer riesigen internationalen Korruptionsmaschine geworden. Um überhaupt zugelassen zu werden, muss Hammoudi sein Heimatdorf in Marokko besuchen und sich den Mühlen der orientalischen Bürokratie ausliefern: Bürgen, Antragsformulare, Schulungen, Impfungen, und immer wieder warten, Gebühren zahlen, Beamte bestechen. Schon die komplizierten Vorbereitungen kosten viele Wochen Zeit und Nerven. Für zwei Milliarden Menschen ist die Fahrt nach Mekka religiöses Gebot, und für viele auch ein emotionales Bedürfnis, das regelrecht mit dem Lebenswillen verschmilzt. Was diese Leute mit sich machen lassen, ist erschütternd. Jedes Muslimische Land bekommt von Saudi-Arabien eine jährliche Pilgerquote und geht in der Regel damit um wie die FIFA mit den WM-Tickets. Dann kassiert das Innenministerium einen Pauschalpreis für die Reise und schickt einen Teil der Summe mit den kostbaren Reisedokumenten an die saudi-arabische Botschaft. Die wiederum gibt den Pass und einen Teil des Geldes weiter an den saudischen Staat und einen anderen Teil an spezialisierte saudische Reiseunternehmen. Seine Papiere bekommt der Pilger erst am Ende der mehrwöchigen Fahrt zurück. Die Reise wird für den Autor zur Erkundung der eigenen Seele. Wie steht es um den persönlichen Glauben? Verändert man sich, wenn man das weiße Pilgergewand anzieht? Und wie erlebt man die viel beschworene islamische Gemeinschaft? Hammoudi vergleicht die Pilgerfahrt mit einem Roman: Er wird Teil eines lebenden Mythos, einer Geschichte, die noch nicht zu Ende ist. So liest sich auch sein Buch. Auch der Faszination der Rituale kann und will sich der Autor nicht entziehen. Doch selbst hier irritiert ihn die aggressive Propaganda der saudischen Wahabiten, einer kleinen fundamentalistischen Sekte. Die hysterische Trennung der Geschlechter, die ständige Überwachung durch die Religionspolizei: für ihn ein Ausdruck der Schwäche. Außerhalb der religiösen Kultstätten erlebt Hammoudi nur Geschäftemacherei, Dreck, Lärm und Gestank. Gipfel der Barbarei sind für ihn die massenhaften Tieropfer und die Vernichtung fast aller historischen Gebäude. Einzig das Grab des Propheten in Medina und die Kaaba in Mekka haben das Wüten der Bilderstürmer überlebt. Hammoudi hat seine Reise bereits 1999 gemacht. Trotzdem sind seine Erlebnisse vor dem Hintergrund der Anschläge vom 11. September 2001 hoch aktuell. Ein beklemmendes, aber ein wichtiges Buch. Abdellah Hammoudi: “Saison in Mekka. Geschichte einer Pilgerfahrt“. Verlag C.H. Beck, München, 312 Seiten, 24,90 €.

Lektüre-Tipp

SWR 2 Buchkritik (Sachbuch) Reza Aslan:

“Kein Gott außer Gott. Der Glaube der Muslime vom Muhammad bis zur Gegenwart“

© Widmar Puhl (4´26)

Die besten Bücher über den Islam scheinen derzeit Islamwissenschaftler zu schreiben, die aus dem schiitischen Iran stammen und im Exil leben. Nach Navid Kermani aus Bonn nun also Reza Aslan von der kalifornischen Universität Santa Barbara. Sein Buch „Kein Gott außer Gott. Der Glaube der Muslime von Muhammad bis zur Gegenwart“ ist eine brillant geschriebene Geschichte des Islam, die voller Überraschungen steckt. Noch nie hat jemand zum Beispiel so überzeugend erklärt, warum in Mekka heute die gleichen Verhältnisse herrschen wie damals, als der Prophet nach Medina flüchten musste. Damals wie heute waren die Offenbarung des Korans und die Lehre des Propheten eine Bedrohung für die politischen Herrscher. Ein Clan, damals die Quraisch, heute die Saudis, kontrolliert die heiligen Stätten und entwickelt daraus ein politisches, wirtschaftliches und religiöses Machtmonopol. Für Aslan ist deshalb Medina die eigentliche Wiege des Islam und nicht Mekka. Immer wieder gelingt es dem Autor, komplizierte historische oder theologische Sachverhalte durch die packende Schilderung persönlicher Erlebnisse verständlich zu machen. So etwa die Empörung eines Schaffners, der im Schlafwagen nach Marrakesch ein junges Paar aus Amerika beim Sex erwischt und nebenbei feststellt, dass es verdeckt operierende Missionare sind. Die Frage ist, was er schlimmer findet. Gegen Missionierungsversuche sind viele Muslime allergisch, weil die Erinnerung an die Kolonialzeit noch wach ist. Damals gingen wirtschaftliche und politische Unterdrückung mit antiislamischer Christianisierung Hand in Hand. Aslan beschreibt nicht nur kritisch den Ursprung und die Entwicklung des Islam, sondern auch den Dauerkonflikt mit dem Christentum. Da gab es ja nicht nur die bis zum Überdruss zitierten Kreuzzüge. Da gab es vor allem immer neue Wellen gegenseitiger Dämonisierung und Instrumentalisierung der Religion aus politischen Gründen. Treffende Geschichten, Beispiele und Porträts vermitteln einen lebendigen Eindruck vom Pluralismus und der Toleranz der ersten muslimischen Gemeinde in Medina, von den Rivalitäten zwischen Sunniten und Schiiten, auch von der islamischen Mystik. Aslan zeigt die frühen Gründe für die gegenwärtige Spaltung der islamischen Welt zwischen Traditionalisten und Reformern auf. Das Hauptproblem sind aus seiner Sicht die Geistlichen, die eine alleinige Deutungshoheit für Religion, Gesetz und Politik für sich beanspruchen. Aslan tritt für eine inner-islamische Aufklärung ein, die sich von den primitiven arabischen Stammesgesetzen des Mittelalters befreit. Und seiner Ansicht nach erleben wir gegenwärtig keinen Kampf der Kulturen, sondern einen Ausbruch lange schwelender Konflikte innerhalb des Islams. Er deutet den 11. September 2001 aber nicht als Fanal dieses inner-islamischen Kampfes um den rechten Weg in die Zukunft. Vielmehr sieht er in diesen Attacken einen versuchten Befreiungsschlag geistig und materiell korrupter Ideologen gegen die scheinbaren Urheber dieser Korruption und Verderbtheit. Letzten Endes beschreibt Aslan die Geschichte des Islams als eine Geschichte des permanenten Verrats an seinen Idealen. Dem Christentum ging es ja nicht anders, so lange es als Staatsreligion auftrat. Das Feindbild vom „großen Satan“ im Westen lenkt umso besser von islamischen Irrwegen ab, je mehr westliche Politiker im Widerspruch zu ihren eigenen Idealen handeln. Eine so ausdrücklich politische Religion wie der Islam müsste modernisiert und demokratisiert werden, fordert Aslan. Die Scharia aber passt dazu nicht. Das islamische Recht kennt noch Strafen wie Steinigung oder Amputation. Einerseits verbietet es Schweinefleisch, Alkohol und Glücksspiel pauschal, andererseits macht es Unterschiede zwischen Mann und Frau, Gläubigen, Ungläubigen und Andersgläubigen, die oft unverständlich bleiben. Der Autor distanziert sich nicht von all dem. Aber sein Buch ist keine Verteidigung islamischer Sitten, sondern eine Beschreibung dessen, was ist und wie es so wurde. Außerdem bietet es glänzende Analysen bisher oft undurchsichtiger Zusammenhänge. Reza Aslan: “Kein Gott außer Gott. Der Glaube der Muslime von Muhammad bis zur Gegenwart“. Verlag C.H. Beck, München, 335 Seiten, 24,90 €.

Intro

Hallo, das ist wieder eine neue Baustelle. Kann also sein, dass es eine Weile dauert, bis hier so etwas wie eine Struktur oder Ordnung entsteht, die Sinn macht.
Deshalb vorweg mein Ziel: Ich bin Autor und Journalist. Schreiben ist mein Leben, und hier möchte ich davon erzählen - vielleicht auch mal unfertig, ungeschliffen oder unerwünscht. Manchmal ist mein Leben ganz schön chaotisch, und vielleicht ist es interessant, zu erfahren, warum. Von Natur aus bin ich nämlich kein Chaot.
Ich werde Kostproben meiner veröffentlichten Arbeiten anbieten und von aktuellen Elementen meines chaotischen Lebens berichten (ohne Anspruch auf Vollständigkeit, dafür hat kein Mensch Zeit). So entsteht hoffentlich schrittweise ein Profil, das "etwas bringt" - was und wem, wird sich zeigen.